LINDACH

 

 

Geschichte und Geschichten

 

© Edmund Grau

(Alle Rechte vorbehalten)

 

für das Internet angepasst von

© Werner Sethaler

 

Viele der in diesem Büchlein erwähnten Lindacher Originale habe ich noch persönlich erlebt. D'r Kuckuck (Karl Kolb) hot da beschde Nussabaum g’het em Dorf... Rektor Bachteler, von dem einige der Berichte stammen hat auch mir, wie vielen anderen Lindachern, einiges beigebracht. Irgendwie lag es nahe, dieses kleine Büchlein, das Edmund Grau in einer nur sehr kleinen Auflage selbst drucken ließ, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Noch eine Anmerkung zur Technik: das vorliegende Büchlein wurde mit Hilfe eines Scanners eingelesen. Da die Texterkennung dieses High-Tec-Produktes leider des Schwäbischen nicht mächtig ist, bitte ich eventuelle Schreibfehler, die trotz Korrekturlesung noch enthalten sind, zu entschuldigen. Über eine E-Mail würde ich mich sehr freuen.

 

 

email: werner@sethaler.de

 

Schwäbisch Gmünd Lindach im Dezember 2000

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Zur_Einleitung

 

A_Geschichte_Lindach

Lindach_im_ersten_Weltkrieg

Lindach_im_dritten_Reich

Die_Nachkriegszeit

 

B_Schloss_Lindach

Hans_Diemar_von_Lindach

 

C_Grundherrschaften_und_Obrigkeit

Der_Lindacher_Gaul

Landwirtschaft_Handel_und_Gewerbe

Lindach_im_Oberamt_Gmünd

Gewerbe_um_1870

 

D_Dorfgeschichten

Das_Reisigweiblein

Strafrechtsplege_1713

Der_Schimmelreiter

Der_Lindacher_Bär

Armut_und_Notzeiten_in_Lindach

Armenhaus

Vermischtes_aus_dem_Dorf

Wirtshausbesuch_mit_schlimmen_Folgen

Grundstückskauf_mit_Zugabe

Wie_sind_sie_sonst___die_Lindacher

Sitte_und_Moral

 

E_Lindacher_Kirchen

Zum_Grundbesitz_wäre_noch_zu_sagen

Begräbnisstätte_Lindach

Die_Kirchenglocken

Kirchenreparatur_im_Jahre_1950

 

F_Anekdoten_aus_Lindach

Originale_Splitter_und_Vermischtes

Lindacher_Redensarten

Kinderreichtum

Wetterkunde

Lindacher_Wörterbuch

Vermischtes_und_Splitter

Grussadresse_Bürgermeister_Storr

 

G_Lindach_von_draussen_gesehen

 

Anhang_und_Sponsoren

 

 

 

 


 

Zur Einleitung

 

Die im Gemeinde-Mitteilungsblatt veröffentlichten Beiträge über Lindach haben bei Jung und Alt allgemeinen Anklang gefunden. Auf vielseitigen Wunsch sind diese Beiträge nunmehr in einem Büchlein zusammengefasst. Damit haben auch die inzwischen in Lindach ansässig Gewordenen Zugang zu Geschichte und Geschichten Lindachs, was sicher die Eingewöhnung erleichtert.

 

Viele Berichte stammen aus der von Herrn Rektor Hans Bachteler geführten Chronik. Alte Geschichten und Anekdoten sowie bekannte Sprüche alter Lindacher Originale sind zum Teil aus Überlieferung der Altvorderen eingefügt.

 

Eingeteilt in folgende Kapitel

 

Geschichte Lindach

Schloss Lindach

Grundherrschaften und Obrigkeit

Dorfgeschichten

Lindacher Kirche - Reformation

Anekdoten, Originale, Splitter und Vermischtes

Lindach von draußen gesehen - wie andere Lindach sehen.

 

Bemerkt sei noch, dass die Schilderungen in der seinerzeitigen Sprachübung erfolgen und nicht etwa auf mangelhafte orthographische Kenntnisse des Verfasser schließen lassen.

 

Edmund Grau

 

 

 

 

 

A. Geschichte Lindach

 

Es gibt verschiedene Darstellungen über die Entstehung des Dorfes bzw. Siedlung Lindach - auch über den Namen Lindach. Obwohl bis jetzt noch keine schriftlichen Hinweise auf ältere Zahlen gefunden wurden, lässt sich mit Sicherheit sagen, dass die Gründung Lindachs in die Zeit zwischen 400 und 700 n. Chr. fällt. Die Gewissheit erklärt sich aus der Endung "ach" des Ortsnamens und aus zwei wichtigen alemannischen Ortsnamen. Nach dem Einzug der Alemannen in unserer Heimat um 260 n. Chr. besiedelten sie zunächst die fruchtbaren Landstriche, zu denen auch die Lilasebene zählt. Diese altgermanischen Orte erkennt man heute noch an den Endungen der Namen. Neben anderen Endungsgruppen deuten Ortsnamen auf "ach", "bog" Jura usw. auf Wasser.

 

Bei der Dorfbegründung suchte sich der Sippenführer für sein Ackerland ein Stück mit gutem Ertrag und günstiger Lage. Das war allgemein die "Breite" und für das ausgesuchte Weideland die Bezeichnung "Brühl". Beides trifft in Lindach zu. Lindach kann auch bedeuten: ein Ort, wo viele Linden sind oder "Lind" = Schlange. Eine Sage sagt: Eine Gräfin von Unterböbingen kam auf der Jagd an den Ort, wo jetzt das Dorf steht, unter einer mächtigen Linde ausruhend, rief sie beim Anblick der herrlichen Gegend: "Unter dieser Linde Dach will ich ferner wohnen".

 

Die älteste Erwähnung Lindachs stammt aus dem Jahre 1331. Kloster Lorch hatte damals schon ein Gut in Lindach, von welchem der Kloster-Schirmvogt, der Graf von Württemberg, keine Vogteigebühr nehmen solle, denn Lindach gehörte mit seinem Gericht den Herren von Rechberg. Ulrich von Rechberg-Sindelfingen trat 1360 seinem Sohn Wilhelm von Rechberg (Gröningen) die Weibelhube ab samt halb Lindach (würzt. Lehen), und Wilhelm von Rechberg verkaufte beides an die Schenken von Limpurg 1377.

 

Zur anderen Hälfte von Lindach gehörte damals das westlich vom Ort gelegene "Steinhaus", gewöhnlich der Turm genannt und allerlei Besitzungen gmündischer Geschlechter, meist Lehen von Rechberg.

 

Lindach als Waibelhube (Das Dienstgut des Waibels (Büttel)-Fronbote). Die Waibelhube ist Rest einer Grafschaft. Die Abgabe der "Freien" in der Waibelhube sind die ehemaligen Bezüge der Grafen. Im Jahre 1552 wird die Waibelhube Lindach wie folgt beschrieben: 13 Güter, deren Namen und Inhaber namentlich aufgezählt sind und drei Bäche besetzt mit 13 Bauern, alle belegt mit Gülten, Zinsen und Fällen. Die Waibelhube Lindach muss ein Gericht gehabt haben. Das hatte sie später nicht mehr. Das Siebzehnergericht war das wahre Gericht der Waibelhube. Es gehörte zu der Hälfte, die schon 1377 von den Schenken von Limpurg erworben wurde, so war es bis 1410 von der übrigen Waibelhube getrennt. Die Schenken hatten die Waibelhube von den Grafen von Württemberg zu Lehen, diese sind die eigentlichen Inhaber der Grafschaft gewesen, deren Rest die Waibelhube war. Das folgt auch aus dem Umstand, dass sie das Geleit durch das Remstal bis nach Aalen hatten. Als württembergische Lehen ist die Waibelhube zuerst genannt im Lehenbuch Graf Eberhards des Greiners, das nach der Übernahme der Alleinherrschaft 1362 angelegt worden ist. Als das Haus der Erbschenken sich in die Linie Limpurg-Gaildorf und Limpurg-Speckheim-Obersontheim verzweigte und 1441 die Erbteilung erfolgte, kam die Waibelhube Lindach an die Gaildorfer Linie.

 

1480 empfing sie Schenk Albrecht IV, (1440 -1506) als Lehen. Dieser schreibt am 21. Dezember 1496 an Herzog Eberhard, er habe seinem Sohn Christof 1. bei seiner Verheiratung auch ain Ampt das da heist die Waibelhub und Lindach übergeben, und bittet, diesen damit zu belehnen. Als der letzte dieser Linie, Wilhelm Heinrich 1690 starb, ging die Waibelhube an die andere Limpurger Linie.

 

Dass die schlimmen Folgen des 30jährigen Krieges sich auch in Lindach bemerkbar machten, zeigt eine kurze Notiz, wonach 1677 elf Häuser leer standen und dass die Gemeinde damals nur 39 Güterbesitzer zählte. 1713 fiel das Lehen an Württemberg. 1720 gehörte Lindach als württembergisches Lehen dem Hofmarschall Johann Friedrich von Stafforst. Die Untertanen waren der Ritterschaft und württembergischen Obervogtei Heubach zinspflichtig.

 

1790, vor der napoleonischen Flurbereinigung, war der südwestdeutsche Raum politisch stark zerrissen. Das 495 Quadratkilometer umfassende Gebiet des Landkreises Gmünd teilte sich in 15 verschiedene Herrschaften. Den größten Anteil hatte das Herzogtum Württemberg. Dazu gehörte auch das Oberamt Heubach.

 

Lindach als herzogliche württembergische Kammerschreiberei gehörte zum Heubacher Amt. König Wilhelm 1. von Württemberg hob 1818 die Leibeigenschaft auf und erklärte die Reallasten für ablösbar und die Fron als ungesetzlich. Durch Annahme der Verfassung 1819 wurden alle Untertanen als Staatsbürger mit gleichen Pflichten und Rechten erklärt.

 

Im Jahre 1842 wurde mit Erstellung eines Güterbuches begonnen, das im Jahre 1850 fertiggestellt wurde. Das Güterbuch der Gemeinde Lindach wurde durch den Commisär Vogt angelegt. Vorläufer dieses Güterbuches war das im Jahre 1734 durch Amtsschreiber Stengel zu Heubach angelegte Güterbuch. Ein neues Güterbuch wurde erforderlich, weil nach der Landvermessung die Umstellung des württembergischen Flächenmaßes in das Metermaß erfolgte. Das Güterbuch hatte folgenden Inhalt: a) öffentliche Gebäude, b) Privatgebäude - Beschaffenheit der Gebäude und Grundstücke. Einrichtung der Gebäude: Wohnhäuser sind größtenteils zweistockig in Riegel gemauert und mit Platten gedeckt.

 

Kulturverhältnisse: Die Markung ist nach der Dreifelderwirtschaft d. h. in drei Zelgen (ABC) Winter-, Sommer- und Brachfeld eingeteilt. Die Wiesen sind sämtlich zweimädig.

 

Über den weiteren Verlauf der Ortsgeschichte mögen nachfolgend stichwortartige Notizen aus Gemeinderatssitzungen einen Überblick verschaffen:

 

Vorweg die Entwicklung der Einwohnerzahl in Lindach:

 

1809 =  487

1825 =  500

1868 =  756

1885 =  687

1903 =  788

1905 =  802

1910 =  807

1924 =  790

1935 =  780

1955 = 1200

1956 = 1257

1961 = 1550

1995 = 2900

2000 = 3007

 

 

 

19.02.1836

Kramhandel - Es sollte noch ein zweiter Kramer hier sein, um das Angebot zu erweitern. Der Ort zählt bereits 95 Bürger, so würde auch ein zweiter Kramer Absatz finden.

 

 

12.12.1836

Holzversorgung - Der Gemeinde fehlt es an eigenen Waldungen, nur sechs Bürger haben eigene Waldungen, alle übrigen müssen Holz kaufen. Die Gemeinde waldungen reichen nur zur Heizung der Rathausstube.

 

26.01.1847

Wegen der allgemeinen Teuerung wird die Errichtung einer öffentlichen Suppenanstalt empfohlen.

 

10.05.1847

Fleißige Schüler - Zur Ermunterung überhaupt sind Prämien ausgesetzt worden und zwar 293 Bogen Papier, 19 Bleistifte und 182 Griffel.

 

31.10.1850

Als Feldschütz wird Matthäus Eckard aufgestellt mit einem Gehalt von 27 Gulden. Als Dotation erhält er von der Strafe, die der GR auf Grund von Vergehen verhängt, ein Drittel der Strafe

 

14.11.1850

Das Schießen bei Taufen wird verboten

 

 

28.10.1854

Der Bettel wird immer schlimmer, insbesondere durch fremde Bettler. Der Polizeidiener muss alle Bettler, die er im Ort trifft, dem Ortsvorsteher vorführen.

 

28.10.1854

Allmende - Ein erledigtes Allmend der 1835 in 97 Teile geteilten Allmende fällt dem Bürger zu, der nach dem aktiven Bürgerrecht der ältere ist.

 

23.08.1860

Es muss ein allgemeiner Viehhirte aufgestellt werden, da das einzelne Viehhüten namentlich durch Kinder nicht geduldet wird.

 

20.07.1872

Wassermangel - Die Brunnen in Lindach sagen, wenn nur etwa vier bis sechs Wochen kein durchdringender Regen fällt. Die Gemeinde muss ihren ganzen Wasserbedarf am Brunnen in der Farrenwiese decken.

 

12.05.1874

Öffentliche Uhrzeit - Es wird beschlossen, dass der Postbote wöchentlich dreimal bei dem Mesnergehilfen Niederberger sich um 11.30 Uhr meldet, um die Uhr richtig zu stellen.

 

1875

Die Gehälter werden wie folgt festgesetzt: Schultheiß als Ortsvorsteher 260 M - als Ratsschreiber 90 M. Der Gemeindepfleger 40, Mesner 60, Feld- und Wald                       schütz 70, Polizeidiener 110, Ortsbaumwart 40, Nachtwächter 60, Hebamme 20 Mark

 

01.03.1883

Es wird beschlossen, den Beschluss von 1864 aufzuheben, wonach die Viehweide mit Obstbäumen aus der hiesigen Baumschule zu bepflanzen ist, da die Viehweide längst in der besten Lage mit Obstbäumen ausgepflanzt.

 

29.03.1903

Schießen im Schießtal - Durch das seit Jahren im Schießtal stattfindende Gefechtsschießen mit scharfen Patronen wird jedes Mal ein großer Teil der hiesigen Markung abgesperrt, so dass die hiesigen Güterbesitzer an der ordnungsmäßigen Bebauung ihren Güter behindert sind. Die Betroffenen machen Schadensersatzansprüche geltend.

 

20.04.1909

Im Gemeindewald Viehweide hat ein Waldbrand eine Fläche von vier Morgen verwüstet. Aus dem Schießtal eilte eine Militärgruppe unter Führung eines Sergeanten   in Stärke von 18 Mann zu Hilfe, welche neben den hiesigen Einwohnern wirksame Hilfe leisteten. Jeder Soldat bekommt 2 M und der mithelfende Sergeant  4M.

 

22.04.1911

Friedenslinde - Der Kriegerverein bittet, es möchte die vom Gründer des Vereins 1871 an den Schlossweg gesetzte sog. "Friedenslinde" dem Verein als Eigentum zum Andenken überlassen werden. Dies wird genehmigt unter der Bedingung, dass dieser Baum für alle Zeiten, solange er gesund ist, nicht gefällt werden darf.

 

12.07.1912

Landeswasserversorgung - Der Anschluss der Gemeinde Lindach an die LV wird genehmigt.

 

16.04.1913

Bei Einführung des elektrischen Lichts wird beschlossen:4 Lampen zur Straßenbeleuchtung zu bestellen und auf dem Rathaus 4 Lampen einzurichten.

 

07.11.1914

Für jeden eingezogenen Soldaten wird ein Weihnachtsgeschenk im Gewicht von 1 Pfund, bestehend aus 5 Würsten, Fleisch oder Schokolade aus Gemeindemitteln beschlossen.

 

Dieser kleine Abriss aus 70 Jahren Dorfleben möge genügen, um ein Bild von den Verhältnissen der damaligen Zeit zu bekommen.

 

 

Lindach im 1. Weltkrieg 1914-18 und Nachkriegszeit

 

Aus dem 1. Weltkrieg sind nur spärliche Aufzeichnungen vorhanden. Um einen allgemeinen Überblick über die Geschehnisse zu geben, werden einige Stichpunkte aus Protokollen wiedergegeben.

 

1914 wird beschlossen, die erforderlichen Mittel für die vorgesehene Wasserversorgung bereitzustellen (23000 M.) und den notwendigen Platz für das Reservoir anzukaufen.

 

1918 wird beschlossen, auf dem Rathaus das Telefon einzurichten.

 

Am 23. Februar 1919 veranstaltet die Gemeinde für die heimgekehrten Krieger eine Erinnerungs- und Dankesfeier. Für jeden Soldaten und jede Witwe werden 6 M. ausgesetzt.

 

Zum 1. April 1919 legt Schultheiß Ulshöfer sein Amt nieder. Am 20. Dezember 1919 wird das Kriegergedenkzeichen in der Kirche angebracht.

 

1920 werden im oberen Stock des Schlosses zwei Wohnungen eingebaut. Eine Schenkung der Frau von Haldewang von 5000 M. wird dankend angenommen (der Ehemann Oberst von Haldewang ist im Krieg gefallen).

 

Im Oktober 1920 wird eine Postagentur eingerichtet.

 

Im November 1920 wird dem Turnverein im Forlenbusch ein Turn- und Spielplatz überlassen. Die Herstellung übernimmt der Verein.

 

Inflation (1923): Die Ausschellgebühr des Amtsdieners wird auf den jeweiligen Stallpreis für 1 Liter Milch festgesetzt.

 

31. März 1927 - Der Turnverein hat für einen Turn- und Spielplatz ein Grundstück angekauft.

 

11. April 1929 - Wegen besonderer Gefahren wird für die Amtskörperstraße Mutlangen - Täferrot eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 20 Kilometer festgelegt.

 

Sommer 1932 - Wiederholt werden Notstandsarbeiten ausgeführt zur Verbesserung der Straßen und Feldwege und Steinbruchsarbeiten.

 

September 1932 - Um die Arbeitslosigkeit besser zu steuern, wird mit Mutlangen gemeinsam beschlossen, Drainagearbeiten im Rahmen der Notstandsarbeiten durchzuführen und zwar in den Gewanden Hellerswiesen, äußerer Wasen, Breitwiesen, Vorderer Berg und Breitne. Die Arbeitsdienstwilligen sollen im Jungmännerheim in Mutlangen untergebracht werden. Das Lager gilt als halboffen, da die Lindacher Arbeitswilligen hier übernachten und frühstücken. Sonntag ist dienstfrei. Herzog Albrecht Eugen von Württemberg stiftet zur Linderung der Not der Arbeitslosen 1000 RM.

 

Februar 1932 - Zahl der Gemeinderäte wird von 10 auf 8 herabgesetzt.

 

 

 

Lindach im 3. Reich

 

Gleich zu Anfang der neuen "Zeitrechnung" gab es am 11. Februar 1933 im Gasthaus zum "Lamm" eine Schlägerei und in der Umgebung eine Schießerei zwischen NSDAP und Kommunisten, eine Person wurde in den Schenkel getroffen.

 

30. März 1933 - Dem Kriegerverein wird im Gewann Stallung pachtweise ein Grundstück überlassen zur Errichtung einer Kleinkaliberschiessstätte.

 

Brandfall - Am 04. Juni 1933 ist das Wohn- und Ökonomiegebäude des Metzgers Jakob Bühner abgebrannt.

 

07. September 1933 - Die Hundsgasse wird in Schloßstraße umbenannt.

 

Am 11. November 33 wird neben der Luther-Eiche - die 1883 gepflanzt wurde - eine Hitler-Eiche gepflanzt.

 

1935 wird neben dem Sportplatz eine Eskalierbahn (Hindernisbahn) angelegt.

 

06. Juni 1935 - Vorläufig soll die Autohalle als HJ-Heim benützt werden. In der zweiten Hälfte soll ein NSV-Kindergarten eingerichtet werden.

 

April 1937. Die Stadt Gmünd will im Schießtal einen heereswichtigen Betrieb erstellen. Am 01. Mai 1937 gehen 14,87 ha im Sandgairen und Sandwiesen in die Markung Gmünd über.

 

16. März 1938 - Auf Veranlassung des Ortsgruppenleiters wird eine NS-Schwesternstation errichtet.

 

Am 06. Oktober 1939 brennt das Anwesen des Joh. Beißwenger nieder. Im Februar 1939 wird BM Kübler nach über 10 Jahren in Lindach Bürgermeister in Alfdorf. Zum Nachfolger wird auf Vorschlag des Ortsgruppenleiters BM Oelmaier, Mutlangen, bestellt.

 

Kriegszeit: im Jahre 1942 heißt es in einem Bericht: Der Opfersinn der Bevölkerung, welche besonders fleißig ist, ist hervorzuheben. 817 Einwohner einschließlich 40 Polen und Kriegsgefangenen.

 

 

Das Kriegsende 1945 nach einem Bericht des Albert Deibele, Gmünd

 

Seit dem Jahre 1942 hatte Lindach laufend Personen aus den luftgefährdeten Gebieten, besonders aus Essen, Duisburg, Stuttgart und dem Saargebiet aufzunehmen.

 

Am 05. Oktober 1943 wurden ganze Schulklassen von Stuttgart nach Lindach verlegt. Insgesamt hatten sich etwa 300 Personen in der Gemeinde eingefunden. Im Saal des Gasthauses "Zur Linde" war in den letzten Kriegsjahren ein Gefangenenlager für etwa 40 Russen und im Gasthaus "Zum Lamm" ein solches für 30 Franzosen eingerichtet.

 

Am 19. April 1945, vormittags, verließen die letzten deutschen Truppen Lindach.

 

Zuvor wurde am Sonntag, den 08. April 1945, vormittags gegen 9 Uhr, das Dorf von einigen Tieffliegern angegriffen. Durch diesen Angriff wurden 2 Personen verletzt darunter die 9 ½ jährige Erika Müller, sie befand sich in der Küche ihrer Eltern und erhielt dort einen Schuss in den linken Unterschenkel.

 

Dieses Vorkommen steigerte die Unruhe der Bevölkerung. Ein großer Teil der Einwohner verließ nun eiligst das Dorf. Das Oberdorf flüchtete in das Leintal, das Unterdorf in das Bohnet und in den Schaupenwald. Auf Handwagen, Mistwagen und Leiterwagen wurden Betten, Lebensmittel und andere mehr oder weniger wichtige Dinge geladen. Das Jungvieh ließ man in den Ställen zurück, die Ochsen und Kühe aber wurden in die Wälder hinausgetrieben. Es war ein rechtes Durcheinander.

 

Am Montag, den 23. April 1945 rückte um die Mittagszeit eine amerikanische Artillerie Einheit in das Dorf ein und bezog am Nordrand Stellungen. Fast alle Häuser im nördlichsten Ortsteil mussten innerhalb 2 Stunden geräumt werden. Am folgenden Tag mussten auf dem Rathaus Feuerwaffen, Stich- und Hiebwaffen und Fotoapparate abgeliefert werden. Das herzogliche Schloss wurde gleich in den ersten Tagen vom Stab der 7. Armee besetzt. Die herzogliche Familie fand nun im Pfarrhaus Aufnahme.

 

 

Angefügt sei noch der Bericht des Lindachers Ernst Wahl, Pfarrer i. R.

 

"Unfreiwillige Kontaktnahme“ beim Einzug der Amerikaner in Lindach am 19. April 1945.

 

Es war bereits dämmrig geworden. Mein Vater Jakob Wahl sowie mein Bruder Gerhard und ich waren unterwegs zum Dorf. In unserer Feldscheune am Breitwiesenweg beim vorderen Berg hatten wir im Heu einen Sack Mehl vergraben als Notration und aus Angst, falls den Lindachern ein ähnliches Schicksal wie den Mutlangern widerfahren sollte.

 

Nun waren wir nur noch wenige Meter von der Landstraßenkreuzung bei der Ostertagschen Villa entfernt. Obwohl wir schon die ganze Zeit dumpfe Motorengeräusche hörten, dachten wir doch nicht im geringsten daran, dass wir unmittelbar mit den anrückenden "feindlichen Truppen" in Kontakt kommen sollten. Um aller Gefahr aus dem Wege zu gehen, bestimmte mein Vater, das Leiterwägele an der Hecke hinter dem Ostertagschen Grundstück abzustellen und so schnell wie möglich die vorhandene Unterführung unter der Mutlanger Landstraße aufzusuchen. (Diese Unterführung war nur ca. 1 Meter hoch und ca. 60 Zentimeter breit und leitete das Pfaffenbachwasser von der Hummelswiese Richtung Schloss weiter.)

 

Doch als wir halbwegs dorthin unterwegs waren, entdeckten wir mit großem Schrecken, dass über der steilen Böschung Panzer und Panzerspähwagen, Jeeps u. a. sich zentimeterweise langsam vorwärts bewegten Richtung Dorf. Die vorsichtigen - und sicher auch ängstlichen - Amerikaner aber hatten uns trotz Dunkelheit schnell entdeckt. Ein Pfiff, und die ganze Kolonne stand. Sofort richteten sich die Kanonen und Maschinengewehre direkt auf uns. Zwei ohrenbetäubende Warnschüsse erzeugten bei uns ein Erzittern. Mein Bruder und ich sprangen noch mit einem Satz in den Bach und in die Unterführung. Doch dort waren wir wie gelähmt. Als alle Fahrzeuge weiterfuhren, trauten wir uns kaum aus unserem Versteck, weil wir auch dachten, jetzt haben sie unseren Vater erschossen. Doch als wir - immer noch vor Schreck - zitternd die Hummelswiese hochliefen, da rief mein Vater von oben herunter: "Kommt ruhig herauf, alles ist vorbei".

 

Was war geschehen? Nach den Warnschüssen rief offenbar - so hat es uns unser Vater erzählt - ein Offizier: "Kamerad come on". Doch mein Vater reagierte nicht (er konnte auch kein Englisch). Da wiederholte der Offizier seinen Anruf in gebrochenem Deutsch "Kamerad kommen herauf". Wieder reagierte er nicht - so sehr war man auch von der NS-Propaganda eingeschüchtert worden, wo es u. a. hieß: "Wer eine weiße Fahne zeigt oder auch sonst "mit dem Feind zusammenarbeitet" wird mit dem Tode bestraft.

 

Als es dann das drittemal hieß "Kamerad kommen herauf - oder ich schieße", stand er auf und ging zu den Amerikanern zur Landstraße hoch. Dort wurde er betastet und mit einer Taschenlampe von Kopf bis Fuß durchsucht, ob er eine Waffe bei sich trug. Da dies nicht der Fall war, wurde er ausgefragt, ob deutsche SS-Truppen im Dorf seien und wo diese stationiert wären. Als sie an seiner Kleidung merkten, dass er ein einfacher Bauer war, ließen sie ihn laufen, nachdem er aber noch zuvor erklären musste, wer die beiden anderen Personen gewesen wären.

 

Als wir nach Hause kamen, hatten sich alle gefangenen Franzosen auf unserem Hof versammelt und erklärten, sie gingen heute Nacht nicht mehr ins Lager im Gasthaus zum Lamm zurück, weil heute Nacht der Amerikaner komme. Sie wussten es offenbar ganz genau! Sie wollten im Heu übernachten und am andern Tag mit den Amerikanern Kontakt aufnehmen.

 

Unser Vater, der die Aufsicht über das Franzosenlager hatte, hatte sich mit den Franzosen gut verstanden. Deshalb waren sie alle hierher auf den Hof gekommen. Mein Vater ließ die Gefangenen antreten und nahm ihnen Feuerzeug und Streichhölzer ab und ließ sie in der Scheuer übernachten. Es waren ca. 30 Personen gewesen.

 

Die Erinnerung an diese damalige schreckliche Zeit blieb bei uns ungemein lebendig.

 

Als wenige Tage später auf der anderen Seite in der Schlosswiese ein deutscher Soldat Richtung Tal rannte, fuhr gerade ein mit Amerikanern besetzter Jeep vorbei. Die GI's forderten ihn auf, stehen zu bleiben. Doch er tat es nicht. Da jagten sie ihm ein paar Kugeln in den Bauch. Er starb, wie viele andere, noch in den letzten Tagen des Krieges. Wie schrecklich diese barbarische Zeit".

 

 

Die Nachkriegszeit ab 1945 in Stichworten

 

Im Februar 1946 wird Gustav Weller komm. Bürgermeister. Für ihn keine leichte Aufgabe. Es stand an: Unterbringung der Ostflüchtlinge -300 Neubürger und 80 Evakuierte.

 

Am 29. Februar 1948 findet die erste Bürgermeisterwahl statt. Gustav Weller wurde am 07. Juni 1948 als hauptamtlicher Bürgermeister bestätigt.

 

1948: Es herrscht großer Mangel an Wohnraum. Einwohnerzahl: 1216 (377 Neubürger), 17 Geburten, 14 Todesfälle und 8 Heiraten - am 22. Juli 1948 starker Hagel.

 

1949: Erhebliche Steuerrückstände - 1175 Einwohner, 8 Geburten, 6 Heiraten, 9 Todesfälle. Es fehlen noch: 1 Kriegsgefangener, 2 Internierte, 17 Vermisste. Arbeitslos sind 34.

 

1954: 16. März Amtseinsetzung BM Rudolf Martin. Friedhofserweiterung, neues Leichenhaus, Bebauungsplan Breitne in Kraft, Gesamtplan für Ortskanalisation, Einbau von Wasserzählern. Am 8. Dezember Richtfest des neuen Rathauses.

 

1955: Wappen und Flagge für Lindach werden eingeführt: In Gold eine schwarze, schwebende bewurzelte Linde. Farbe schwarz-gold. Aufforstung der Viehweide mit 5000 Fichtenpflanzen.

 

1956: Bebauungsplanvorschlag Gairen. Haushaltsplan Höhe 176 923 DM.

 

 

Aus der Gemeindebeschreibung im Jahr 1957:

 

Lage und Bedeutung

Lindach ist Arbeiterwohngemeinde mit einem gewerblichen Betrieb am Ort. Die Landwirtschaft ist bei der kleinen Markung von geringerer Bedeutung. Die Bevölkerung und der Einsatz der Erwerbstätigen gliedert sich wie folgt:

 

 

Einwohner                      1257    100,0 %

 

Erwerbsfähige 14 bis 65 Jahre   859     68,0 %

davon Erwerbspersonen           704     56,0 %

Hinauspendlerüberschuß          417     33,2 %

Erwerbspersonen am Ort          287     22,8 %

davon in Land- und Forstwirtschaft 130  10,3 %

Industrie                        45      3,6 %

Ortsbedarf                      112      8,9 %

 

Verhältnis Männer zu Frauen     100    102,4

 

 

 

1957: Einführung des Gemeindemitteilungsblattes. Haushaltsplan 210668 DM.

 

1958: Gemeinde tritt Müllabfuhrzweckverband bei. Firma Grau will eine Fabrikhalle bauen.

 

1960: Kirchlicher Kindergarten-Neubau. Gemeinde gibt Beitrag einmalig 30 Prozent der Gesamtbaukosten.

 

1963: Bau einer Ölleitung durch Markung Lindach. Haushaltsvolumen: ordentlich 395 000 DM, außerordentlich 550 000 DM. Wegebauverband Lindach wird gegründet (Nato).

 

1965: Bebauungsplan Ebene. Industriegelände für Firma Grau wird bereitgestellt (Hintere Gärten).

 

1967: Baugelände für den Bau einer katholischen Kirche an der Ecke Sudetenstraße.

 

1968: Baurechtliche Genehmigung für Turnhalle.

 

1970: Am 10. Dezember Abstimmung über Eingemeindung nach Gmünd.

Ergebnis: Abstimmungsberechtigt: 1444, abgegebene Stimmen 1262, ungültig 2, Ja Stimmen 799 = 63,3 Prozent, Nein Stimmen 461 = 32,6 Prozent. Ein knappes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass der Bürgermeister einige Tage vor der Abstimmung erklärte, wenn nicht mindestens 60 Prozent für die Eingemeindung stimmen, werde er den Eingemeindungsvertrag nicht unterschreiben.

 

Eingliederung in die Stadt Gmünd zum 01. Juli 1971, Haushalts-Kassen- und Rechnungswesen gehen mit Beginn des Haushalts 1972 an die Stadt Gmünd. Rudolf Martin wird jetzt Ortsvorsteher. Er lässt sich ab 01. März 1978 zur Ruhe setzen. Nachfolger als Ortsvorsteher wird Peter Herkommer.

 

Damit ist die Geschichte der Gemeinde Lindach zu Ende. Geschichte hört tatsächlich jedoch nie auf, deshalb seien noch einige Ausführungen über Entwicklungen und Ereignisse im "Stadtteil" Lindach angefügt:

 

Wohl die wichtigste Errungenschaft nach der Eingemeindung war die direkte Straßenverbindung Lindach - Stadt Gmünd durch das Schießtal und der Anschluss des Abwasserkanals an die Kläranlage der Stadt Gmünd. Gesamtkosten ca. 3,2 Millionen, dafür 630000 DM Staatszuschuss.

 

Eine erhebliche Verbesserung der Wasserversorgung (Wasserdruck) wurde durch den Bau des Wasserturms im Jahre 1980/81 erreicht. Der Turm ist 25 Meter hoch, die Baukosten betrugen 1,6 Millionen DM.

 

Die dringend gewordene Erweiterung des Friedhofes wurde 1979 durchgeführt und im Jahre 1982 ein großes Leichenhaus gebaut.

 

Die Ortsstraßen mussten 1973 vielfach umbenannt werden, um Dopplungen im Stadtgebiet zu vermeiden. Um der Platznot zu steuern, wurde ein neuer städtischer Kindergarten errichtet (1973/74).

Der alte Ortskern um die evangelische Kirche hat durch den Neubau des evangelischen Gemeindezentrums wesentlich gewonnen.

 

Auch der Bau der katholischen Kirche in den Jahren 1971/72 hat zur Bereicherung des Ortsbilds beigetragen.

 

Um der gestiegenen Nachfrage nach Bauplätzen gerecht zu werden (es lagen Anfragen von über 50 Interessenten vor), wurde das Gebiet Breitwiesenweg für zunächst 27 Bauplätze aufgekauft - später kamen dann noch mal 20 Plätze dazu. Der Preis betrug damals 17 DM / Quadratmeter. Erschlossen wurden nach und nach die Baugebiete Hintere Gärten - In der Sue - Vorderer Berg - Iltisfeld -Breitwiesenweg.

 

Als Industriegebiet wurden ausgewiesen Bänglesäcker und Osterlang. Diese Industriegebiete konnten in verhältnismäßig kurzer Zeit durch zuziehende Betriebe und auch durch Firmen-Neugründungen belegt werden. Nebenbei sei auch erwähnt, dass am 10. August 1979 Ex-Bürgermeister Martin in einem Leserbrief in der Gmünder Tagespost die Ausgemeindung Lindachs gefordert hat, weil die Stadt ihre Pflichten aus dem Eingemeindungsvertrag nicht erfüllt habe.

 

Weniger erfreulich war der Weggang eines größeren Betriebes im Jahre 1973. Die Firma Repa GmbH in Lindach, 1961 von Erich Klink gegründet - Stanzerei und Sicherheitsgurte - verlegte den ganzen Betrieb mit ca. 300 Beschäftigten nach Alfdorf. Dort sind z. Zt. (Jahr 2000) ca. 1900 Mitarbeiter beschäftigt.

 

Die Firma Werkzeugbau Grau - eine echte Lindacher Gründung seit 1945 bzw. 1954 - wird demnächst (2001) ihren Betrieb auf das Industriegebiet "Gügling" verlegen (dann Firma Grau-Polynorm). Damit müssen die vielen Lindacher Beschäftigten künftig über Land zu ihren Arbeitsplätzen gelangen.

 

Im Jahre 1998 wechselte das Schloss Lindach den Besitzer Dr. Abele verkaufte das Schloss an die "Gemeinschaft der siebenten Tag Adventisten".

 

Im Jahre 2000 finden in Lindach ca. 500 Menschen einen Arbeitsplatz.

 

Beschäftigt waren 1999 420 Mitarbeiter.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  B. Schloss Lindach

 

Aus der Stauferzeit stammt das Steinhaus, einfach der "Turm" genannt, wahrscheinlich ist er in der Regierungszeit Herzog Friedrich 11. von Schwaben 1105 bis 1147 erbaut worden; er war quadratisch gebaut mit einer Seitenlänge von 14 Metern. Im Innern des Sockels befanden sich zwei übereinanderliegende Räume. An der Südseite befand sich in 8 Meter Höhe ein Eingang in die oberen Räume. Dieser Turm stand auf dem Gelände, auf dem heute das Schloss steht. Der Turm besaß 3,5 Meter starke Mauern mit schmalen Lichtscharten und rohen Buckelquadern und ging als Kern im Erdgeschoss in das 1583 im Stil der Renaissance umgebaute Schloss ein. Der Inhaber des Turms hatte gleichzeitig die Ortsherrschaft inne, d. h. er hatte den Gerichtsstab.

 

Die Lage des Turms bzw. späteren Schlosses wird in einem alten Bericht wie folgt beschrieben: Die Lage des Schlosses ist einmalig. Im Osten und Süden war die Lindacher Burg durch einen tiefen Wallgraben geschützt, im Westen und Norden verwehrte ein natürlicher Felsabfall den Zutritt. Das war der Grund, dass die Burg, soweit bekannt ist, nie eingenommen wurde. Zum Schloss gehörten 70 Morgen Güter und Wald. Entlang der jetzigen Schlossmauer erstreckten sich Stallgebäude, Scheunen und ein Verwalterhaus. Ein tiefer Keller diente als Bierkeller für das Schlossgasthaus.

 

Anno 1577 kamen Lindach und der Turm von den Diemar an das aufgehobene Kloster Lorch und damit indirekt an das Herzogtum Württemberg. Von den oft wechselnden Besitzern des Schlosses seien einige erwähnt

 

Unter die ritterlichen Herren, welche in dem Turm saßen, ist wohl zu rechnen der 1404 genannte Wolfram von Lindach. 1410 belehnte Wilhelm von Rechberg den Rugen (Ruhen) von Gmünd mit dem Turm zu Lindach, samt den Wiesen unter dem Turm, Gärten und Äckern, auch mit den Zugehörungen des Turmes in Mutlangen, gegen jährlich drei Gulden. Wahrscheinlich kamen mit dem Verkauf des anderen Teils der Waibelhube 1460 auch der Turm und Behausung samt Gütern und ½ Gericht, Stab und Gülten, Hölzern usw. an Limpurg, so dass Schenk Albrecht Lyndach den Turm mit allem neu verleihen konnte, z. B. 1481 an Caspar von Nenningen. 1490 verkauft Schenk Albrecht Lindach den Turm als württembergisches Lehen um 500 fl. an Eberhard Vetzer von Pragenhofen. Bald danach kam das Gut an die Diemar.

 

Die Diemar waren wohl die bekanntesten Schlossbesitzer in alter Zeit. Ein Bericht folgt am Ende des Kapitels.

 

1579 belehnte Herzog Ludwig seinen Landhofmeister Erasmus von Laymingen mit dem Schloss. Die Laymingen saßen genau 100 Jahre zu Lindach auf dem Schloss. Weitere Besitzer waren 1699 Hofmarschall Johann Friedrich von Stafforst. 1744 Freiherr Roeder von Schwenda, 1751 Herzog Karl Eugen von Württemberg, 1752 erwarb der Schmelzverwalter Johann Georg Bletzinger zu Königsbronn das Schloss für 11500 Gulden. 1842 kaufte Graf von Beroldingen dann den Besitz. Spätere Eigentümer waren die Gräfin Larisch, dann Mathilde von Butler und die Bierbrauerei Rettenmayer in Stuttgart, die im Schloss eine Gaststätte errichtete. 1911 wurde das Schloss von Oberstleutnant Otto von Haldenwang ersteigert, der 1916 im Ersten Weltkrieg gefallen ist. Seine Witwe verkaufte den Besitz an den Freiherrn Ferdinand von Scholley, der zu dieser Zeit Konsul in Boston war. Dieser ließ das Schloss von Grund auf erneuern. Der Kaufpreis betrug 60000 Mark die Güter inbegriffen. Der Konsul verstarb auf einer Reise nach Europa.

 

Im Jahre 1929 wurde Herzog Eugen Albrecht von Württemberg Schlossherr in Lindach. Der Herzog war nach dem Tode König Wilhelm 11. Besitzer des Fidei-Kommisgutes in Carlsruhe (Schlesien) geworden. Verheiratet war er mit der Prinzessin Nadejda Clementine Maria Pia Majella von Bulgarien, Herzogin von Sachsen-Coburg, sie war die Tochter des Zaren Ferdinand von Bulgarien und seiner Frau Maria Luise von Bourbon-Parma. Das herzogliche Paar heiratete 1924 in Bad Mergentheim. Aus der Ehe stammen drei Söhne, die Herzöge Ferdinand, Eugen und Alexander und zwei Töchter, die Herzoginnen Margarethe und Sofie. Nach dem Tode des Herzogpaares wurde das Schloss an den Stuttgarter Arzt Dr. med. Ulrich Abele verkauft.

 

Bemerkt sei noch, dass die Tochter Nadejda des Zaren von Bulgarien im Schlosshof die schönen bulgarischen Kiefern pflanzen ließ, sie sind heute noch gut erhalten.

 

Und ganz zum Schluss sei noch angemerkt vor allem für die jungen Lindacher:: Unterhalb des Schlosses befand sich ein See (Schlosssee), er war über einen halben Morgen groß, von dem wird behauptet, dort habe der Storch die kleinen Kinder geholt.

 

 

 

Hans Diemar von Lindach - ein Nachbar lehrte Gmünd das Fürchten

 

Dieser nördliche Nachbar der Reichsstadt Gmünd war - wie die nachstehenden Ausführungen zeigen - ein sehr streitbarer Herr, vergleichbar in etwa dem ungleich berühmteren Götz von Berlichingen. Nur hatte der Lindacher Edelmann zwei kräftige Hände, die er zu gebrauchen wusste.

 

Diemar bekam Anfang der 40er Jahre des 16. Jahrhunderts Streit mit dem Kloster Gotteszell und dann auch mit der Reichsstadt Gmünd selbst. Es ging um Rechtstitel und um Grundstücksfragen. Der Lindacher - und einige Helfershelfer - fackelten nicht lange. Sie zogen, wie es so plastisch heißt "sofort vom Leder". Am 18. Oktober 1543 schickte Hans Diemar von Lindach den Gmündern offiziell einen Fehdebrief, der ihn nun in aller Form bevollmächtigte, einen Kleinkrieg gegen die Reichsstadt zu führen und sein vermeintliches Recht mit Waffengewalt zu erzwingen.

 

Rechtfertigung von nun folgenden dauernden Scharmützeln war - nach Diemars eigenen Worten - das "gewaltige, freventliche und unbilliche Fürnehmen" der Reichsstadt gegen ihn persönlich. In Raubrittermanier begannen in der Folgezeit der Lindacher und seine Spießgesellen die Umgebung der Reichsstadt zu brandschatzen, Vieh zu stehlen und sogar einzelne Bürger zu misshandeln. Wenn Gmünder Streitkräfte ihn verfolgten, betraten sie auch im Eifer des Gefechts öfters württembergisches Territorium, eine Tatsache, die der württembergische Obervogt in Schorndorf ärgstens monierte. Gmünd musste sich für diese Souveränitätsverletzungen sogar offiziell entschuldigten.

 

Eine Belagerung Diemars in Lindach durch Gmünder Truppen musste augenscheinlich erfolglos abgebrochen werden.

Die Reichsstadt Gmünd sah, dass sie offensichtlich mit militärischen Aktionen nicht weiter kam und klagte beim Kammergericht. Dieser Prozess hatte Erfolg. Hans Diemar wurde in die Reichsacht getan. Einer seiner Spießgesellen, Michel von Staufen, der 1544 in die Gefangenschaft des Erbschenken von Limpurg geriet, wurde auf persönliche Intervention Kaiser Karls V. (dieweil wir ob solchen und dergleichen mutwilligen und gewaltiger Handlungen nit wenig Missfallen tragen) - sogar hingerichtet.

 

Ein Jahr und 36 Wochen wurde Diemar nach erfolgter Gefangennahme in Schorndorf in strengster Kerkerhaft gehalten, ehe Württemberg als Vermittler zwischen beiden Parteien mit einer Schlichtung am 10. März 1554 endlich einen tragfähigen Frieden zustande brachte. Es wurde der Zustand "Quo ante" wieder hergestellt, d. h. Schaden gegen Schaden aufgerechnet, und Hans Diemar erhielt die ihm entfremdeten Güter wieder zurück. Im Gegenzug versprach er, seine Raubzüge gegen die Reichsstadt einzustellen, bei einem fälligen Strafgeld von 500 fl. Der Schlussakkord war dann augenscheinlich "schiedlich friedlich". Herzog Christoph kam persönlich mit seiner Gemahlin Anna Maria von Brandenburg zum Friedensschluss nach Gmünd, wo man ihm einen ehrenvollen Empfang bereitete. Beim Friedensmahl allein verspeisten dabei die nun vereinten Herren für 138 Pfund Karpfen (davon keiner aus dem Schiesstalsee)!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

C. Grundherrschaften und Obrigkeit

 

Vorweg ein Zitat: König Wilhelm 1. von Württemberg sagte: Die ersten beiden Wörter, die meine Untertanen lernen, heißen: "Noi eta".

 

Die Lindacher waren immer schon brave Untertanen und Landeskinder. Doch hin und wieder haben die Herren der Obrigkeit mit den Lindachern auch Schwierigkeiten gehabt oder die Lindacher Ärger mit den Herren, wie man sagen will.

 

 

Hier einige Beispiele, wie sie überliefert sind:

 

In einem Prozess, den der damalige Inhaber des Turms, Kaspar von Nenningen, gegen die Lindacher Bauernschaft ("die armen Leute") führte, berief sich die Gemeinde auf altes Herkommen und weigerte sich, dem Turmherrn Frondienste zu leisten, es sei denn, dieser bitte sie darum, was der Junker entrüstet als ungeheuerliche Zumutung von sich wies.

 

Hier ein Auszug aus der umfangreichen Urkunde über die Zeugenaussagen des 90jährigen Lindacher Bauern Graw (Grau), der seit 55 Jahren dem Dorfgericht Lindach angehörte. "Graw sagte uff sein gesworn Aid, er gedenk, so er ein Bub war, säß einer auf dem Turm zu Lindach, genannt der Bertram, der hab nie zu dienen geboten der Burgschaft Lindach, sondern wenn sein Vater ihm diente, so bezahlt ihm der Bertram sein Dienst".

 

2. Beispiel: 1732 sollte die von Wien gekommene Bagage des Prinzen Heinrich Friedrich von Württemberg nach Winnental befördert werden. Die Bagage musste von Station zu Station ohne Unterschied der großen und kleinen Ämter von Heidenheim aus über Heubach, Lorch und Schorndorf auf 12 Wagen nebst einigen Chaisen mit den erforderlichen 87 Vorspannpferden geschafft werden. Da aber das Amt Heubach aus höchstens 200 verarmten Einwohnern bestand, die nur 12 bis 13 Pferde besaßen, war das Amt außer Stande, den Transport ohne Schaden und Ruin zu leisten.

 

Auf Ansuchen der Gemeinde Heubach hatte der Vogt Pistorius daselbst dem Kammer- und Lehensflecken Lindach, der in gewisser Hinsicht doch auch zu der ihm anvertrauten Beamtung gehöre, anbefohlen, zwei Wagen mit sechs Pferden nebst zwei weiteren angeschirrten Pferden zu dem Transport anzuschaffen. Lindach war nach dem Absterben der Edelleute von Leiningen am Ende des 17. Jahrhunderts wiederum als zur fürstlichen württembergischen Rentkammer lehenbar heimgefallen.

 

Also der Heubacher Vogt Pistorius wollte die Kommune Lindach zu dem Transport beiziehen, allein dieselbe widersetzte sich und erklärte kurzum, dass sie ohne ausdrücklichen fürstlichen Befehl - Spezial - zu dem Transport nichts beitrage. Nun ging es um die Bezahlung der Transportkosten. Von Stuttgart aus wurde befohlen, die Kommune Lindach zu vernehmen, aus welchen Ursachen sie sich des Vorspanns und Fronens entschieden entzogen habe. Lindach gab zur Antwort, es sei dies aus keiner anderen Ursache geschehen, weil sie nicht zu dem Amt Heubach gehöre, und solche Leistungen künftighin als Präjudiz angesehen und sie wider Billigkeit zu solchem beigezogen werden möchte, sie wollen aber zu den Transportkosten beitragen und bezahlten an den Transportkosten von 50 Gulden den vierten Teil mit 12 Gulden 80 Kreuzern, damit war die Sache erledigt.

 

 

Der Lindacher Gaul

 

Aus der Zeit, als es noch richtiggehende Fürsten und gekrönte Häupter gegeben hat, wird folgende Geschichte erzählt: Auf dem Lindacher Schloss erschien einmal ein hochfürstlicher Besuch aus königlicher Verwandtschaft. Als Hoheit einmal in der Nachbarschaft spazieren ging, da sei ihm ein Lindacher begegnet, der schweißtriefend einen großen, voll beladenen Handwagen vom Felde heimgezogen habe.

 

Der Lindacher habe Hoheit freundlichen Gruß geboten, Hoheit habe leutselig gedankt und den Lindacher gefragt, warum er sich denn so abplage und kein Pferd sich anschaffe, worauf der Lindacher hart schnaufend zur Antwort gab, einen Gaul, so er ihn bräuchte, könne er sich nicht leisten, worauf Hoheit ihn gefragt habe, was so ein Pferd ungefähr kosten tät, worauf der Lindacher sagte, mindestens 50 Mark.

 

Darauf habe Hoheit die Brieftasche gezogen und dem Lindacher einen damals gültigen Rentenmark-Fünfzigmarkschein in die derbe Hand gedrückt. Dass so eine Guttat sich im Ort schnell herumgesprochen hat, ist erklärlich. So kam es, als Hoheit wieder einmal desselben Weges kam, dass ungefähr ein halbes Dutzend Lindacher ihm mit schwer beladenen Handwagen begegneten, und Hoheit unter Ächzen und Stöhnen ob solcher schweren Last untertänigst grüßten. Hoheit habe aber den Putzen gemerkt und habe seine Brieftasche nicht noch einmal strapaziert.

 

 

Landwirtschaft, Handel und Gewerbe in Lindach

 

Nach dem Ende der Leibeigenschaft im Jahr 1818 stellt sich die einheimische Wirtschaft wie folgt dar: Durch das Resultat der neuen Vermessungen, vor allem auch durch die vielen verteilten Allmenden, die urbar gemacht wurden, ist eine neue Einschätzung der Güter nach Gattung und Klassen notwendig geworden. Es wurde die Verordnung vom 15. Juli 1821 zu Grunde gelegt. Die Äcker wurden in sechs Klassen, die Wiesen in fünf Klassen, die Gärten gleich den Wiesen, die Länder gleich den Äckern, die Waldungen in vier Klassen eingeteilt.

 

In der Landwirtschaft wurde der größere Teil des Volkseinkommens erwirtschaftet. Die Zersplitterung des Besitzes und hohe Abgaben an die Herrschaft brachten es mit sich, dass nur wenige Bauern mehr produzierten, als sie selbst brauchten. Im Heubacher Amt wurden im Jahre 1791 vermerkt: "In Lindach werden 152 Morgen Winterfrucht angebaut, weiterhin 49 Scheffel Roggen, 2 Scheffel Weizen, 898 Scheffel Dinkel und 3 Scheffel Einkom.

 

Das Sommerfeld mit 142 Morgen trägt 297 Scheffel Haber und 501/2 Scheffel Gerste. Der Bedarf für 414 Einwohner und 8 Pferde wird auf 1449 Scheffel Frucht und 20 Scheffel Haber berechnet, wobei angemerkt wird: "Es ist nicht einzusehen, warum es die Lindacher Pferde soviel schlechter haben sollen, als die Heubacher".

 

Für einen Menschen wurden 3 Scheffel und 4 Simri Früchte Jahresbedarf gerechnet (fürs Pferd 12 Scheffel Haber). Im Jahre 1886 sind in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt: 7 männliche und 11 weibliche Dienstboten und 11 wirtschaftliche Arbeiter.

 

Viehbestand im Jahre 1907: 142 Stück Fleckvieh und 121 Stück Limpurger Kühe. Es wird vorherrschend Milchwirtschaft betrieben, was an hier befindlichen vier Milchhändlern zu sehen ist, die täglich etwa 300 Liter Milch nach Gmünd liefern. Von den 159 Haushaltungen haben 72 keinen Viehbestand.

 

 

 

 

 

Einer Beschreibung des Oberamts Gmünd von 1870 ist für Lindach zu entnehmen:

 

Anbau: Aussaat auf den Morgen: Dinkel 8 Sri, Haber 8 Sri, Gerste 4 Sri, Weizen 4 Sri, Roggen 4 Sri.

Durchschnittlicher Ertrag eines Morgens Acker ergaben sich Dinkel: 7 Scheffel, Haber: 5 Scheffel, Gerste 4 Scheffel, Roggen 3 Scheffel.

 

Preis eines Morgens Acker Höchster 700 fl., das ist höchster Betrag im ganzen Oberamt - mittlerer Preis  350 fl., geringster 25 fl. für einen Morgen. Wiese: Höchster 600 fl., mittlerer 300 fl., geringster 100 fl.   Durchschnittlicher Ertrag eines Morgens: Wiese Heu 20 Zentner, Öhmd 10 Zentner.

 

Von der Brache wird 3/4 angebaut. Bodenarten = Keuper und Lias. Im Wiesenbau kann Lindach ca. 200 Morgen bewässern.

Obstbau: Lindach kann in günstigen Jahren ca. 500 Simri Obst, davon ca. die Hälfte Zwetschgen, verkaufen. Die klimatischen Verhältnisse sind ziemlich günstig und erlauben auch den Anbau von feineren Gewächsen wie Gurken, Bohnen usw. Frühlingsfröste kommen nicht häufig vor, auch Gewitter mit Hagel sind selten. Dagegen ist wegen der hohen Lage die Luft immer etwas bewegt, zuweilen stürmisch.

 

Von Ambrosi bis Jakobi lassen einige Ortsbürger ca. 200 Masthämmel und von Jakobi bis Martini 250 Schafe und Lämmer weiden. Die Schafe überwintern im Ort. Die Fischerei in der Lein ist nicht von Belang. Das Fischrecht verpachtet der Staat.

 

Pförchertrag. Der Pförch von der Sommerweide 7 zu 7 Nächten, der von der Winterweide aber in der Weise verliehen, dass Pächter für die Gemeinde 20 Nächte zu pförchen haben.

Gänsweiden. Zur Beweidung der Gänse wird ein eigener Hirte angestellt. Zur Weide ist der Gemeindewasen bei der Farrenwiese bestimmt.

 

Die Vermögensverhältnisse gehören zu den mittelmäßigen. Der begütertste Bürger besitzt 60 Morgen Feld und 20 Morgen Wald, der Mittelmann 20, die ärmere Klasse 2 Morgen Feld. Die Gemeinde besitzt 30 Morgen Wald. Die vorhandenen 33 Morgen Allmanden sind an die Ortsbürger um 38 fl, 48 Kreuzer verliehen. Eigentliche Weiden sind etwa 30 Morgen vorhanden. Die Pferdenutzung der Gemeinde trägt der Gemeindekasse jährlich 140 G ein. Die unbedeutende Pferdezucht beschäftigt sich mit einer gewöhnlichen Landrasse. In gutem Zustand befindet sich die Rindviehzucht (Leintaler Rasse) mit 2 Farren.

 

 

Gewerbe um 1870

 

 

Haupterwerbsquellen der Einwohner bestehen neben Feldbau, Obst und Viehzucht in Taglohn und Fabrikarbeit. In Lindach besteht eine Ziegelei, zwei Schildwirtschaften mit Bierbrauereien und zwei Kramläden. Unter den Gewerbetreibenden sind Zimmerleute und Schuhmacher vorherrschend, die arbeiten auch nach draußen, ferner betreiben einige (auch Frauen) Hausierhandel auch außerhalb des Orts. Besonders zu erwähnen wäre noch die Schlosswirtschaft mit dem Wirt Waldenmaier, welche auch von Gmünd aus gut besucht war. Es wird berichtet, dass zur Sommerzeit im Schlosshof eine Gartenwirtschaft eingerichtet war, in welcher sich bei "schäumendem" Bier, selbst geräuchertem Schweinefleisch, Butter und Käse ein fröhliches Leben entwickelte, wozu noch von stimmbegabten Sängern fröhliche Lieder erklangen. Auch die Turnerschaft von Lindach hatte dort eine Zeitlang ihr Lokal, deren Theateraufführungen immer gut besucht waren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

D. Dorfgeschichten - Erzählungen nach alter Überlieferung

 

 

Das Reisigweiblein

 

Pfarrer Zenek von Täferrot war ein kerniger, aufrechter Mann, mit einem weichen Herz. Er kannte zu gut die Schwächen der menschlichen Natur, glaubte aber fest an die unendliche Liebe Christi.

Einst starb in seiner Gemeinde ein armes, altes Weiblein, das in der Jugend ein ziemlich lockeres Leben geführt hatte. "Was wird der Pfarrer in der Leichenpredigt sagen" war das Gespräch des ganzen Ortes. Pfarrer Z. saß lange über der Leichenpredigt. Es war eine unangenehme Sache. Loben konnte er nicht, und tadeln wollte er nicht. Bei der Beerdigung war ganz Täferrot auf den Beinen. Das ärgerte den Pfarrer, denn er hasste die Neugier der Leute. Auf dem Weg zum Friedhof zerknüllte er seine Leichenpredigt und warf sie in die Lein. Er wollte reden wie der Augenblick es eingab. Bald stand man am offenen Grab, der erste Choral verklang. Da richtete sich Z. empor, übersah spöttisch die ganze Gemeinde, und begann:

 

"Ihr schaut mich an voll Neugier und voll Fragen.

Was soll ich viel von diesem Weiblein sagen.

Geboren war sie einst in Lindach

Gegangen ist sie alle Tag ins Reisach.

Das trug sie fürt jahrein, jahraus nach Gmünd.

Und führt dabei ein Leben voller Sünd.

Wer will werfen auf sie einen Stein,

dem räum' ich gern meinen Platz hier ein - Amen."

 

Da niemand sich meldete, rief er mit lauter Stimme: "Nun singen wir gemeinsam Gott ist getreu'!" Und mit diesem Choral hatte die denkwürdige Beerdigung ihr Ende gefunden.

 

Anmerkung: Verkürzt wurde in Lindach nachher folgende Kurzform erzählt: Sie war von Lindach und ging ins Reisach, führte ein liederliches Leben und trieb sich mit den Soldaten im Schießtal herum. Das liederliche Leben im Schießtal geht auch aus folgender Geschichte hervor:

 

 

Strafrechtspflege 1713

 

Der Zolleinnehmer zu Lindach war 1713 wegen Münzverbrechens angeklagt. Er hatte aber keine falschen Münzen fabriziert und in Verkehr gebracht, sondern er ließ sich mit Gmünder Weibspersonen und Soldaten in einen unreellen Münzhandel ein. Wegen des großen Zulaufs von Gmünder Weibern und Soldaten in das Haus des Angeklagten war in Lindach das Gerücht entstanden, es gehe unter ihnen wegen Falschmünzens unrichtig zu, und als der Angeklagte vollends eine falsche Münze zum Steuerzahlen in Heubach verwandte, ließ der Vogt von Heubach das gesamte Nest aufzuheben Anstalt machen.

 

Der Angeklagte war später geständig und war besser daran, sonst hätte ihn zu jener Zeit die Folter in der Ferne gewinkt. Auch war die Strafe, die auf Münzverbrechen gesetzt war, damals sehr hart. Nach der peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. sollten Falschmünzer mit dem Feuer vom Leben zum Tod bestraft werden. Für leichtere Verfehlungen war aber das Strafmaß in das Ermessen des Richters gelegt. Die Juristenfakultät in Tübingen gab auch in diesem Fall ihr Urteil ab, billigte ihm mildernde Umstände zu und verurteilte ihn zu dreimonatiger öffentlicher Arbeit in den herzoglichen Anstalten und zu den Kosten des Verfahrens. Das Urteil wurde von Herzog Eberhard Ludwig am 30. Juli 1713 bestätigt.

 

 

Der Schimmelreiter

 

Im Sagenbuch der Heimat findet sich folgende Erzählung:

Der Schimmelreiter ist ein Mann ohne Kopf, der häufig um Mitternacht sich auf der "schwarzen Wiese" zwischen Lindach und Täferrot sehen lässt. Auf einem Schimmel kommt er daher gerast, kaum hat man ihn erblickt, ist er auch schon verschwunden. Dazu gibt es von kundigen Lindachern die Erklärung: Nach Regen steigen häufig aus dem Gächlinger Tal Nebelschwaden auf, die sich an der schwarzen Wiese zeigen, wahrscheinlich ist dies eine Erklärung für den Schimmel mit Reiter.

 

 

Der Lindacher Bär

 

Die Geschichte ist in den Gmünder Heimatblättern folgendermaßen aufgezeichnet:

Eines Abends kehrte ein biederer Lindacher Handwerker mit einem jungen Kollegen durchs Schießtal von der Arbeit zurück. Es war zu jener Zeit, als man auf dem Land nur selten Lebensmittel erhalten konnte, deshalb hat sich unser Freund aus der nahen Stadt ein ordentliches Stück Fleisch mitgenommen. In freudiger Erregung teilte er seinem Kollegen mit, was er in seinem Päckchen habe, und dass dies wieder einmal einen saftigen Braten gäbe.

 

Da dieser wusste, dass der andere für nächtlichen Spuk sehr empfindlich war und an Geistergeschichten glaubte, war sein Plan alsbald fertig. Er blieb etwas zurück, überholte seinen Kollegen auf einem Umweg, zog den Rock aus, drehte ihn um, mit dem Futter nach außen, hängte ihn so über sich und kroch auf allen Vieren seinem Opfer entgegen, wobei er das Brummen eines Bären nachahmte. Und wirklich - er hatte Erfolg! Bald war dieser auf den nächsten Baum geflüchtet. Doch der "brummige" Bär wartete geduldig auf sein Opfer und gebärdete sich immer wilder, bis dieser sein Stück Fleisch seinem Verfolger herunterwarf. Nachdem der Bär verschwunden war, eilte der Überlistete, so schnell er konnte, hinauf ins Dorf, alarmierte die Bauern, die alsbald mit Heugabeln, Dreschflegeln und Sensen bewaffnet auszogen, um die wilde Bestie zu fangen. So - ob wahr oder nicht – wird’s in Lindach erzählt.

 

Anmerkung: Nach Ermittlung des Lindacher Lehrers Hermann Klaus beruht die Geschichte auf Wahrheit. Nach Aussagen der ältesten Lindacher - auch Jakob Hinderer - war der erste "Bär" Jakob Kuhn (Hausname Karles Jakob), er erzählte die Geschichte später in einem Gasthaus. Kuhn war gebürtiger Lindacher, arbeitete in Gmünd als Taglöhner, zog nach Gablenberg, heiratete dort die Tochter des Scharfrichters und starb auch dort. In Lindach wohnte er in der Hauptstraße (Haus Fischer) und war Nachbar des überlisteten Abele.

 

 

 

Armut und Notzeiten in Lindach

 

An Hand vorliegender Berichte kann und muss auch über die weniger schönen Dinge in Lindach berichtet werden. Wie aus Gemeinderatsprotokollen und anderen Berichten hervorgeht, waren die Zeiten nicht gerade rosig. Vorausgeschickt sei, dass die Franzoseneinfälle und insbesondere die Hunger- und Teuerungsjahre nicht ohne Einfluss auf die Verhältnisse in der Gemeinde blieben.

 

Das zeigt allein schon die Zahl der Auswanderungen. Von 1829 bis 1860 sind 33 Einwohner nach Amerika ausgewandert. Es wird berichtet: 13. März 1829 - zwei ledige Knechte und ein Bürger mit Frau und vier Kindern wandern nach Amerika aus. - 04. Mai 1852 Rosine Weller und ihre Tochter Barbara Unfried wollen nach Amerika auswandern, es werden von der Gemeinde 20 Gulden für die Reisekosten bewilligt. Zwei Schwestern, die 1829 und ein Bruder, der 1851 auswanderte, schreiben aus Amerika, dass sie Brot die Fülle hätten.

 

27. März 1855: Um der Not der hiesigen Ortsarinen entgegenzukommen und den Bettel zu steuern, hat man, da sie bei gegenwärtiger Jahreszeit keinen Verdienst hatten, sich beraten, wie ihnen Arbeit beschafft werden könnte. Es wird beschlossen, im Gemeindewald Leinhalden, welcher einige sumpfige Stellen hat, Gräben ziehen zu lassen und das Wasser abzuleiten, zur Ausbesserung der Feld- und Ortswege harte Steine brechen zu lassen, den Armen des Ortes diese Arbeiten zu übertragen und einen verhältnismäßigen Lohn auszubezahlen, bis sie anderswo wieder Arbeit finden. Solange sie Arbeit haben, dürfen sie nicht Almosen sammeln, und die, welche mit Steuern im Rückstand sind, solche abverdienen.

 

 

Armenhaus

 

Das Armenhaus ist zur Unterbringung armer Ortsangehöriger bestimmt. Der Aufwand zur Unterstützung derselben überhaupt hat die Ortsgemeindekasse zu prästieren, zu welchem Zwecke den bestehenden Verordnungen gemäß in die fragliche Kasse fließen:

 

a) der hälftige Anteil an der Hundeauflage.

b) der 5. Teil der Strafen wegen Übertretung des Wirtschaftsabgabengesetzes.

c) der 3. Teil der vom königlichen Oberamt angesetzten Mühlstrafen, welche den Betrag von 4 Gulden nicht übersteigen.

d) der Ertrag der erkannten Konfiskation von verbotenen Spielen.

 

15. Mai 1885. Das seitherige Armenhaus ist zu klein, weil der Gemeinde noch weitere Personen zur Versorgung anheimfallen werden. Es wird das Wohnhaus Christof Funk Witwe zu einem Preis von 1200 Mark als Armenhaus angekauft.

 

Am 01. April 1858 wurden die Bewohner des Armenhauses vorgeladen und der Vorschlag gemacht, weil die Arbeitslosenzeit sich gehoben und die Nahrungssorgen verschwunden sind, dass die noch ganz jungen Männer, die noch keine Familie haben und Tag für Tag einen Verdienst haben, einen Hauszins der Gemeindepflege zu bezahlen haben. Falls ein Bewohner des Armenhauses nicht am Anfang des Monats bezahlt, soll er gleich aus dem Annenhaus gewiesen werden.

 

14. September 1897: Die Gemeinde besitzt zwei Armenhäuser. Seit längerer Zeit wird nur eines bewohnt von zwei Personen, ein Haus ist entbehrlich. Das Armenhaus auf dem Wasen wird verkauft und der Mehrerlös gegenüber dem Ankauf im Jahre 1885 zu Reparaturen des Armenhauses Nr. 70 in der Hundsgasse verwendet.

 

Zu dem Erlass des Oberamtes, das Armenwesen betreffend, wurde von den weltlichen Mitgliedern bemerkt, dass viele Arme durch Straßenbau und durch Betreibung der Profession, auch durch Sammeln von dürrem Holz, sich was verdienen, und dass andere Arme, die auf diese Weise nichts verdienen, durch Naturalien unterstützt werden. Die größte Not habe bereits aufgehört.

 

 

Vermischtes aus dem Dorf

 

Beachtenswert: Schultheißen-Jubiläum. Schultheiß Bühner erhält anlässlich seines 25jährigen Amtsjubiläums einen hohen Orden, die "silberne Civildienstmedaille"  von königlicher Majestät.

 

Am 15. Juni 1931 traf der Zeppelin über den Schurwald kommend, die Rems überquerend mit einer Schleife über der Mutlanger Heide über Lindach ein. Er machte mit abwärts gerichtetem Vorderteil eine Verneigung. Dieser Gruß galt dem neuen Schlossherrn von Lindach, Herzog Albrecht Eugen von Württemberg.

 

Aus alter Überlieferung wird im Gmünder Heimatblatt 1934 berichtet: Einen schwachen Kilometer nördlich vom Schloss Lindach geht über die beim "Galgen" genannte Flur eine vorgeschichtliche Hochstraße, die westwärts nach Pfahlbronn und Buoch und südostwärts über Schönhardt und Brackwang gegen Mögglingen führt und sich genau auf der Wasserscheide zwischen Rems und Lein hält. Diese Hochstraße wird oft auch als Zigeunerstraße bezeichnet. An der Hochstraße befindet sich das Gewand "Galgen", dort soll sich ehemals eine Richtstätte befunden haben. Über diese Hochstraße bewegten sich noch jedes Jahr Schäfer mit ihren Schafherden von der Alb ins Unterland und im Frühjahr wieder umgekehrt.

 

 

Wirtshausbesuch mit schlimmen Folgen

 

Der auch für Lindach zuständige Pfarrer Moser aus Täferrot (1877 - 1886), übrigens der Erzieher des berühmten Grafen Zeppelin, war auch in Lindach ein eifriger Wirtschaftsbesucher. Noch heute erzählt man in der Gegend noch manch heiteres Stücklein. Der schwergewichtige Herr mit dem großen Schlapphut, eine kneippsche Figur, war kein Freund vom weiten Laufen, darum spannte er seine Kuh vor eine geliehene Chaisse und fuhr in die Stadt ins Rad oder Josefle, machte manchmal auch Zwischenstation in Lindach.

 

So begab sich dann der bekannte Wirtshausbesuch mit schlimmen Folgen. Bei einem guten Stoff war er eines Tages in Gmünd über die Zeit hinaus sitzengeblieben, und da es bei seinem "Einspänner" nicht im Galopp ging, kam er eben erst nach Hause, als ganz Täferrot schlief. So erfuhr er dann nicht mehr, auch nicht von seiner treuen Ehehälfte, dass in seiner Abwesenheit ein Hagelwetter die ganze Ernte der Ortsmarkung vernichtet hatte. Am anderen Tag - es war ein Sonntag - bestieg er ahnungslos die Kanzel und forderte seine Zuhörer in freudiger Stimmung auf, doch dem lieben Gott recht zu danken für den so reichen, ganz unverdienten Erntesegen. Die Leute glaubten, er wolle mit ihrem Unglück Spott treiben, und das Murren und Schelten legte sich erst, als nach dem Gottesdienst die Aufklärung erfolgte.

 

 

Grundstückskauf mit Zugabe (Lindacher Mundart)

 

D'r Kuckuck (Karl Kolb) hot ein hentera Garta neben Aldingers Hof ein Grundstück. Der Adolf Aldinger ond sei Scherra Trudel hättet des gern kauft ond verhandlet deswega mit 'm Kuckuck ond werdet au einig mit ein Preis. Zum Schluss secht d'r K. zum Adolf i woiß, du moschtest emmer glei für zwoi Johr, do könntest Du mir doch zusätzlich no en Moscht zusaga". Beim Notar secht der Kuckuck "Herr Notar, do muaß no ebbes g'schrieba werra, daß i laufend en Moscht kriag." Darauf der Notar "Des miaße m'r net schreiba, des klappt au so".

 

Der Kuckuck holte immer pünktlich seinen Most. Eines Tages kommt er ganz mühsam ond elend da Hof rauf. Die Trudel secht ja Karl, wia siehst du heut aus, bisch krank?" "Oh ganz liederlich isch mr s heut" sagt er. "Om Gottes Willa wirsch m'r doch net sterba wölla" moint d' Trudel. "Wer woiß" secht d'r Kuckuck. Darauf d' Trudel "ha en Kranz dät i dir scho kaufa".

 

Eine Woche später kommt der Kuckuck wieder flott und monter auf den Hof. "Ha heut siehst aber wieder gut aus" sagt d'Trudel. ja heut goht mr 's wieder gut - alles wieder in Ordnung, aber woisch no, du hosch mir doch versprocha, du dätsch mir en Kranz kaufa. Liaber wärs mir jetzt, du dätsch mir jetzt des Geld geba". Dui Trudel stutzt on goht zu ihrem Adolf en Stall, on frogt den, was se jetzt do soll. Der secht "versprocha isch versprocha" also gibt dia Trudel dem Kuckuck 60 Mark, der Kuckuck freut sich.

 

Es hot'n no ganz schnell en Adler nomzoga. - Der Kuckuck war Junggeselle mit einem "entsprechenden" Haushalt und war auch sehr häufig en d'r Wirtschaft - was die Adlerwirtin (D' Adlers Babett) zu dem Ausspruch veranlasste:

"Wen ihr Mand koi Weib hättet - ihr wäret lauter Kuckuck"

 

 

Wie sind sie sonst - die Lindacher?

 

Die Lichtkerzen im Dorf. Man stelle sich Lindach vor ca. 150 Jahren vor, kein Strom, kein Licht, kein Radio, kein Fernsehen, kein Fußball, kein Gesangverein, keine Theateraufführung der Vereine. Was tat man also in der Freizeit, insbesondere an den langen Winterabenden. Man traf sich in den sogenannten Lichtstuben oder auch Lichtkerzen zum "Hoirles". Die Nachbarn kamen abwechselnd in einer Stube zusammen, um Licht(kerzen) und Heizung zu sparen und Neuigkeiten aus dem Dorf oder Umgebung auszutauschen, Zeitungen gab es ja noch nicht.

 

In den Lichtstuben scheint es aber nicht immer ganz gesittet zugegangen zu sein. Unter dem 21. Dezember 1829 ist vermerkt: Dem Vernehmen nach sollen mehrere Lichtkerzen dahier bestehen, zwar aber nur vom weiblichen Geschlecht, welche nach dem Gesetz in gewisser Ordnung erlaubt ist, so sieht man sich doch veranlasst, die Hausväter vorzurufen, wo Lichtkerzen waren, und denselben zu eröffnen, dass sie verantwortlich gemacht werden, wenn Unordnungen auf irgendeine Weise bei einem oder dem anderen vorgehen sollten.

 

Fünf Jahre später wird unter dem 17. April 1834 berichtet, ungern hat das Oberamt bemerkt, dass im hiesigen Ort sehr häufig im Winter unerlaubte Lichtstuben gehalten werden, in welchen nicht nur ältere sondern auch jüngere Personen Zutritt haben und durch welche Unordnungen und Unsittlichkeiten veranlasst werden, die Untersuchungen und Strafen nach sich ziehen müssen.

 

 

Sitte und Moral

 

Schultheißenamt und Pfarramt sind durch Erlass des königlichen gemeinschaftlichen Oberamts aufgefordert worden, bei der nächsten Gemeindeversammlung die Familienoberhäupter mit der Verordnung zur Warnung der Ihrigen bekannt zu machen, und aufs neue zu erinnern, dass nach früherem oberamtlichen Erlass keine Verlobten vor der Kopulation zusammenziehen dürfen, indem in diesem Falle zur Bestrafung Anzeige zu machen ist.

 

Aus dem Konvent 18. November 1856: Lehrgehilfe Laichinger teilt mit, es sei ihm von Fabrikant K. in Gmünd geschrieben worden, einige Lehrlinge seiner Fabrik, von hier gebürtig, haben sich auf dem Weg von Gmünd hierher nach Lindach gegen die in seiner Fabrik ebenfalls beschäftigten Mädchen in Reden und Handlungen so ungebührlich betragen, dass die Mädchen ihm erklärt haben, sie treten aus seiner Arbeit, wenn dem Unfug nicht gesteuert werde.

 

Es wurde beschlossen, die jungen Burschen an einem der Sonntage vor das Pfarramt zu berufen und im Beisein des Vaters derselben und zweier Ältesten ernstlich zu rügen und zu einem geordneten Benehmen mit der Drohung zu ermahnen, dass wenn wieder eine Klage derart vorgebracht wird, die Beteiligten vor dem Kirchenkonvent nachdrücklich bestraft werden müssen.

 

Die Anhörung ergab folgendes: Am 15. November 1856 erlaubten sich die jungen Burschen nachts zwischen 6 und 7 Uhr auf dem Wege allerlei Unfug, die Burschen haben die Mädchen mit Schneeballen beworfen und laut geschrien. Ein Mädchen gibt an: Hinter dem Kloster Gotteszell seien die vier Burschen, welche auf sie gewartet haben, zu ihnen hergekommen und sie mit Schneeballen beworfen. Sie sei dann vorausgegangen und habe im Wald die K. T. laut schreien hören, weil sie von den Burschen angepackt worden sei.

 

 K. T. gibt an, die Burschen haben sie mit Schneeballen empfangen, und als sie davon springen wollte, seien die Burschen ihr nach, haben sie im Walde eingeholt und versucht, ihr den Rock hochzuheben. Sie habe laut geschrien und sich gewehrt und sei dann davon gesprungen.

 

Nach langem Hin und Her hat sich der K. K. überzeugt, dass die Burschen nicht bloß mit Schneeballen beworfen, sondern auf einem Wege verfolgt haben, den sie um nach Lindach zu kommen nicht einzuschlagen hatten. Wegen dieses unsittlichen Betragens wird jeder derselben mit einer Turmstrafe von sechs Stunden belegt und hat die Kosten der Eintürmung zu bestreiten. Als Zeit der Eintürmung setzt der K. K. die beiden Feiertag nach dem Christfest und die Stunden nachmittags fest.

 

Zum Schluss noch nette Begebenheiten: An einem der ersten Sonntage, die Pfarrer Moser in Täferrot war, er war auch zuständig für Lindach, kam nachmittags der Schullehrer Laichinger von Lindach mit einer Anzahl Sonntagschülerinnen, deren jede einen Korb voll Äpfel auf dem Kopf trug. In Lindach wächst prächtiges Obst, namentlich Luikenäpfel, und Herr Laichinger hatte es veranstaltet, dass Baumgartenbesitzer zusammenlegten und dem Pfarrer Moser die Äpfel als Geschenk für Kellerhurde machten.

 

Lindach ist nicht nur bekannt für das prächtige Obst, sondern auch für das Hausgetränk, den Most. Dazu eine amüsante Geschichte, die verlässlich überliefert ist: Woher kommt der Fronleichnamsmost?

 

Der "alte Aufrecht" war Kernmacher in der Maschinenfabrik Schuler in Göppingen. Er wurde Frührentner und war dann bei Christian Eckhardt (Kristabauer) in der Landwirtschaft beschäftigt. Da der Aufrecht oft keinen kleinen Durst hatte, wurde ihm der Most immer mit etwas Wasser verdünnt.

 

Fronleichnam war in Lindach, da evangelisch, kein Feiertag, aber in Gmünd war arbeitsfrei. So konnten an diesem Tag weitere Helfer bei der Heuernte mithelfen. Natürlich konnte man dann an diesem Tag den Most nicht verdünnen und Aufrecht nicht ausnehmen. Der Aufrecht, bekannt für seine Selbstgespräche, hat dann spät abends auf dem Heimweg folgenden Spruch getan, der Nachbar hat's gehört: ja wenn der Aufrecht älldag so en Moscht hätt, na wär d'r Aufrecht au a anderer Kerle". Damit war der Lindacher Sprachschatz erweitert: Im Gegensatz zum "gespritzten" Most heißt der unverdünnte seitdem "Fronleichnamsmost".

 

 

Lebenserwartung

 

Ob Most-Trinker oder Nicht-Mosttrinker, sollten doch die nachstehenden Worte Interesse finden: In einem Gespräch mit einem Kurgast im Schloss Lindach ergab sich die Feststellung des Kurgastes, dass in Lindach - trotz der angeblich guten Luft - die Einwohner auch nicht älter werden als anderswo, so habe er bei einem Durchgang durch den Lindacher Friedhof bemerkt. Diese Aussage gab Veranlassung, einmal das Durchschnittsalter bzw. Lebenserwartung der Lindacher zu ermitteln, was an Hand der Inschriften auf den Kreuzen und Grabsteinen auf dem Lindacher Friedhof leicht möglich war.

 

Mit Stichtag 28. August 1990 ergab sich folgendes Bild: Auf dem Friedhof in Lindach lagen zu dieser Zeit lt. Grabstein und Kreuz 552 ehemalige Einwohner, dabei sind Kinder unter einem Jahr nicht mitgezählt.

 

552 Personen erreichten = 35590 Lebensjahre, das ergibt einen Durchschnitt von 69,91 Lebensjahren. Aufgeteilt nach Männer und Frauen. Männer 68,06 durchschnittliche Lebensjahre - Frauen 71,96 durchschnittliche Lebensjahre Unterscheidet man in Lindach nach einheimischen Lindachern und Zugezogenen, ergeben sich folgende Zahlen:

 

Einheimische (In Lindach geboren oder im Kindesalter zugezogen)

 

Männer durchschnittlich   69,55 Jahre

Frauen durchschnittlich   73,94  Jahre

 

Zugezogene

Männer  durchschnittlich 66,70 Jahre

Frauen  durchschnittlich 69,64 Jahre

 

Also Gesamtdurchschnitt:

Einheimische              71,76 Jahre

Zugezogene                68,00 Jahre.

 

Prosit, der Most hilft halt doch!

 

Zum Vergleich

Bundesrepublik durchschnittliche Lebenserwartung

Männer                    70,56 Jahre

Frauen                    78,40 Jahre

 

Europäische Gemeinschaft

Männer                    72,00 Jahre

Frauen                    78,60 Jahre.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E. Lindacher Kirchen

 

Die Lindacher lassen ihre Kirche im Dorf - sie haben sogar zwei!

 

Nach einem Bericht des Historikers Bossert ist die Lindacher Kapelle erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1356 als St.-Nikolaus-Kapelle erwähnt. An deren Stelle steht heute die evangelische Kirche.

 

Im Güterbuch der Gemeinde Lindach ist erwähnt: "Die Ortskirche mit ihrem Vorhof ist im Jahre 1165 gebaut worden, wie auf deren Hinterseite zu ersehen ist." Ulrich von Rechberg habe am Franziskustage 1470 die Kapelle zu Lindach dem Franziskanerkloster zu Gmünd übergeben, und der damalige Lesemeister habe sich verpflichtet, alle 14 Tage eine Messe zu lesen, aber keinerlei seelsorgerliche Funktionen übernommen.

 

Im Jahre 1524 wurde an diese mit Buckelquadern errichtete Kapelle ein gotischer Turm angebaut. 1622 wurde dann die ganze Kirche renoviert und ein spitzbogiges Fenster in die Westseite gebrochen. Am 23. März 1903 wurde das Schiff des alten Kirchleins (also die Nikolauskapelle von vor 1524) abgebrochen. Zuvor wurde durch Beschluss des Kirchengemeinderats am 29. Juli 1902 ein Bau mit 500 Sitzplätzen (361 im Erdgeschoss und 139 auf der Empore) mit Kosten um 84500 Mark festgelegt, unter Beibehaltung des alten Chores und Turmunterbaus.

 

Bereits 1863 wurde beschlossen, einen Baufonds einzurichten, und die Gemeinde solle 2000 Gulden in diesen einzahlen und zum Baubeginn nochmals 2000 Gulden. Der Baubeginn wurde aber mangels Finanzierung noch mehrere Male verschoben. Endlich März 1903 war es soweit, die Buckelquader der alten Kapelle fanden beim Neubau wieder Verwendung. Sie reichten für den zweireihigen Unterbau des Schiffes gerade aus und zählen zu den ältesten Zeugen der Vergangenheit im Dorf.

 

Der Grundstein wurde gefunden und mit der schlichten Aufschrift "1524-1903" versehen und an seinem jetzigen Platz eingemauert. Das Gotteshaus wurde im Dezember 1903 mit einem großen Fest eingeweiht. Zu diesem Zeitpunkt hatte Lindach 768 Einwohner, darunter 761 evangelische - und Mutlangen 949 Einwohner, darunter 53 evangelische. Zum Vergleich: Anno 1809 hatte Lindach 487 Einwohner, Mutlangen 529 und Täferrot 135.

 

Für nicht so fleißige Kirchgänger: Wie lauten die Bibelstellen, die am Türbogen der Seiteneingänge eingemeißelt sind? NW-Eingang: Psalm 12.81 "Der Herr behüte Deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit" und SW-Eingang: Joh. 3, 16 "Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben."

 

Noch ein Hinweis: An der Kirche finden sich am Sockel des Ostquerbaues (Sakristei) längliche Einschnitte, diese Einschnitte werden gegen die Mitte tiefer und breiter und verlaufen gegen oben und unten allmählich. Diese Einschnitte bzw. Längsrillen können nach ihrem Aussehen nicht anders entstanden sein, als durch ein viel hundert- oder tausendmal wiederholtes Durchziehen schneidender Werkzeuge, und zwar müssen diese Instrumente zumeist eine sich auswuchtende Form gehabt haben, wie Säbel, Hellebarden usw. Es soll sich um die Fortsetzung altheidnischer Kultusgebräuche handeln, wonach die Waffe durch Schärfen an geweihter Stelle dem Träger besondere Kraft und Schutz verleiht.

 

Die kirchliche bzw. konfessionelle Entwicklung (Reformation) stand überwiegend unter dem damals gültigen Grundsatz "Cuius regio, eius religio" d. h. "wessen das Land, dessen die Religion". Deshalb hat auch die Glaubenszugehörigkeit in Lindach wiederholt gewechselt.

 

Lindach war einst ein Filial von Iggingen. Kirchensatz und Patronatsrecht standen damals noch dem Kloster Gotteszell zu. 1560 führte Herzog Christoph die Reformation ein.

 

 

Zusammengefasst die Zeitabfolge:

 

1634, nach der Schlacht bei Nördlingen, kehrten die Ortseinwohner Lindachs wieder zum alten Glauben zurück. 1650 verfuhr Württemberg bzw. dessen Lehensmann Achaz von Laymingen nach dem bekannten Grundsatz "wessen Land, dessen Religion". Wer nicht protestantisch werden wollte, hatte den Ort zu verlassen. Dazu aus einem späteren Bericht der Gmünder Heimatblätter: Bei der Belehnung des Herrn von Laymingen musste dieser versprechen, die neue Glaubenslehre nach der Augsburger Konfession wieder einzuführen, doch war es den Katholiken gestattet, nach der alten Lehre zu leben, bis Achaz von Laymingen 1656 das Kruzifix wegnahm, die Gemeinde nach Täferrot wies mit dem Befehl, in 14 Tagen dort zum Abendmahl zu gehen oder Lindach zu verlassen.

 

 Die meisten der Wegziehenden fanden auf dem Gmünder Gebiet Aufnahme. 1689 fiel das ganze Lehen durch den Tod des Friedrich von Laymingen an Württemberg zurück, das den Amtmann Daubenhauer als Verwalter des Lebens aufstellte. Dieser machte einen erneuten Vorstoß gegen die alte katholische Glaubenslehre mit dem Erfolg, dass die einen umfielen und die Augsburger und württembergische Glaubenslehre annahmen, nachdem scharfe Proteste aussichtslos waren. Die anderen verließen das Lindacher Lehensgebiet.

 

Im Jahre 1643 (noch Dreißigjähriger Krieg) erhob sich ein Streit wegen der Grenze zwischen den Gebieten der evangelischen und katholischen Kirche, bei dem Württemberg einerseits, andererseits der Gmünder Magistrat und das Kloster Gotteszell beteiligt waren. Am 01. August 1643 richteten der Schultheiß zu Mutlangen, auch Vierleute und ganze Gemeinde daselbst und zu Lindach eine gehorsame und untertänige Bitte an Herrn Bürgermeister und Rat zu Gmünd, die Priorin und Konvent zu Gotteszell zu veranlassen, dass dieselben sie mit einem Pfarrer, ohne ferneres Tergiversieren (Ausflüchte) ehestens versehen und also die Zehnten usw. wie recht und billig zu verdienen, oder im Weigerungsfalle an den Bischof von Augsburg ihre Beschwerde gelangen zu lassen.

 

Sie erinnern daran, dass die ehrwürdigen Frauen Priorin und Konvent z. G. von unfürdenklichen Jahren her schuldig und verbunden, aus der Pfarrei Ickingen das darein gehörige Filial Muthlangen und das Dorf Lindach uraltem katholischen Gebrauch nach mit Meßlesen, Predigten und anderen geistlichen Zeremonien und Notwendigkeiten alle Sonn- und Feiertage auch etwa an Werktagen zu versehen - was dann vor diesem ohne Klagen geschehen, und sie Frau Priorin und Konvent solcher verrichteten Gottesdienste halber - jährlich Intraden, Renten, Gülten - etlich schöne Wittumhöf zu genießen und zu verleihen haben.

 

Sie beschwerten sich nun, dass sie solcher geistlichen Exerzitien und zu ihrer, samt ihrer Weiber und Kinder Seelen Seligkeit reichender Gottesdienste nunmehr wiederum etlich Male gänzlich beraubt seien, also dass wir, sonderlich die von Lindach - nunmehr in neun Jahren der katholischen Religion zugetan -täglicher gewalttätiger Einsetzung eines lutherischen Pfarrers - weiß Gott mit höchstem Kummer und Schmerz erwarten müssen, wessen die von Seiten Württembergs vorgenommenen Prozess (Vorgehen) sie leider desto mehr versicherten. Die Sache lag einfach bei Muthlangen - einer katholischen und gmündischen Bauerngemeinde; nicht so bei Lindach, das in württembergischem Besitz war, mit einem Teil gmündischer Untertanen.

 

Aus den vielen vorliegenden Berichten seien noch einige Beispiele genannt, insbesondere auch für die heutige Lindacher Jugend, mit dem dringenden Rat, mit dafür zu sorgen, dass solche schrecklichen Dinge nicht mehr passieren können.

 

Herzog Ludwig belehnte seinen Geheimrat und Landhofmeister Erasmus von Laymingen (gest. 1598) Lindach und 1581 mit dem Schloss und Zubehörde, dieser führte die Reformation ein. Vermutlich wurde dann Lindach von Täferrot aus pastorisiert, ob dem Pfarrer von Iggingen noch gestattet wurde, dort die Messe zu lesen, ist nicht bekannt. Sein Verhältnis zu Mutlangen wurde von all dem nicht berührt.

 

Unter Achatius von Laymingen, des Erasmus Sohn, wurde 1621 ausdrücklich bezeugt "Lindach noch evangelisch". Aber er selbst nahm 1628 den katholischen Glauben an und es ist erklärlich, dass es ihm gelang, die Gemeinde katholisch zu machen. So war sie dann wieder Filial von Iggingen. Aber 1638 wurde dort Kirche und Pfarrhof von der De'werthschen Soldateska eingeäschert. Dies erklärt eine längere Pause in der Pastorisation von Lindach.

 

Am 27. November 1659 läuft von den gmündischen Untertanen in Lindach beim Gmünder Rat eine Beschwerde gegen den Laymingschen Vogt in Lindach ein. Derselbe verlange von ihnen ungerechtfertigte Abgaben für seinen Herrn und beschwere sie in Sachen der Religion. Wenn ein Untertan vormittags in eine katholische Kirche gehe, müsse er 3 Gulden 15 Kreuzer bezahlen, ebenso, wenn einer an Sonn- und Feiertagen aus dem Dorf gehe und dem Vogt nicht anzeige, wohin. Wenn der Prädikant zu Lindach Kirch halte und die Untertanen gehen nicht in die Kirche, so koste es zehn Schilling.

 

Der Herzog von Württemberg hatte das Dorf trotz Gmünder Proteste reformiert. Aber als der Schlossherr Achatius von Laymingen wieder katholisch wurde, wurzelte der alte Glaube überraschend tief wieder ein. Starke württembergische Repressalien waren darnach erforderlich, bis man die letzten Katholiken aus dem Dorf vertrieben hatte. Dabei kam es einmal zu einer militärischen Vollstreckung. Am 11. Dezember 1649 fiel der Schorndorfer Untervogt mit 20 Fußgängern und fünf Reitem nachts in Lindach ein, umstellte das Mesnerhaus und verlangte dem Mesner mit vorgehaltener Pistole die Kirchenschlüssel ab. Am andern Tag, einem Sonntag, holten sie den Prädikanten aus Täferrot zu einer Predigt herauf. Der Vogt berief alle Mannspersonen zu sich ins Schultheißenhaus und examinierte jeden, wes Sinnes er sei. Die gut katholischen Leute wurden dann trotz Seufzens und Klagens durch Musketiere in die Kirche geführt, wo sie die lutherische Predigt anhören mußten.

 

Zum Schluß noch ein Auszug aus dem Bericht des Dekanats Welzheim über eine Kirchenvisitation in Lindach im Jahre 1639. Bei der Kirchenvisitation in Täferrot war vorgebracht worden, Achatius von Laymingen lasse die Kirche zu Lindach durch einen Gmünder Messpriester versehen und zwinge die Einwohner mit Strafe dazu.

 

Ein herzogliches Reskript an das Dekanat Schorndorf befahl, daran zu sein, dass der Pfarrer von Täferrot mit Verrichtung der gewöhnlichen Predigten zu ermeldtem Lindach, er habe viel oder wenig Zuhörer, fleißig kontinuiere und den Leuten beweglich mit guter Bescheidenheit und Sanftmut zuspreche, dass sie dem Papsttum wiederum absagen, dagegen die wahre evangelische Religion, auf welche sie getauft und erzogen, annehmen.

 

Der Erfolg dieser Bemühungen scheint zunächst gering gewesen zu sein, der damalige Pfarrer Klögger von Täferrot war aber auch nicht der geeignete Mann dazu, um die Herzen wieder zu gewinnen. Er ließ sich in seinem ungestümen Eifer oft genug auf der Kanzel zu den niedrigsten Schmähungen gegenüber den Katholiken hinreißen.

 

Ein Visitationsbericht aus Täferrot aus dem Jahre 1654 bemerkt: Die Täferroter Gemeinde besucht an Sonn- und Feiertagen die Kirche saumselig, die von Göggingen, Lindach, Iggingen halten die katholischen Feiertage und verrichten ihre (abgöttischen) Gottesdienste mit großem Ärgernis. Die Schultheißen von Iggingen und Lindach seien zwar evangelisch, aber der Lindacher besucht den Gottesdienst nicht fleißig und der Igginger hat einen Sohn ins Papsttum verheiratet.

 

In Lindach waren 1659 30 evangelisch und 82 papistisch. Es waren meist Apostaten, durch den alten Achatius von Laymingen verführt und jetzt zu halsstarrig, dass sie eher davonziehen und verkaufen wollen, als sich bekehren, mit dem Vorwand, dass sie bei ihrem Abfall hätten schwören müssen, immer lutherisch zu werden.

 

Soviel über die Streitereien und Mißhelligkeiten in Lindach über 100 Jahre hinweg.

 

 

Zum Grundbesitz wäre noch zu sagen

 

In jüngster Zeit haben christliche Glaubensgemeinschaften in Lindach Besitz erworben. Wenn auch nicht vergleichbar, so kann dieser Umstand doch zum Anlass genommen werden, die früheren kirchlichen Besitzverhältnisse, wie sie sich vor einigen hundert Jahren dargestellt haben, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aus dem vorhandenen Archivmaterial zusammen zu stellen.

 

Der größte Teil Lindachs gehörte zwar zum Haus Württemberg, den Grafen von Rechberg, den Herren von Weinsberg usw. Doch ein beachtenswerter Teil war auch in kirchlichem Besitz und dorthin gültbar. Nachstehend einige Beispiele - jedoch keine vollständige Aufzählung und erst recht kein Grund zur Wertung.

 

Kloster Lorch - ein Benediktinerkloster 1102 von Friedrich Barbarossa gegründet. Das Klostergut Lorch stand unter der Schirmherrschaft Württembergs und war in drei Vogteien eingeteilt: Lorch, Pfahlbronn und Täferrot. Zum Klostergut gehörten u. a. 800 Lehensgüter, über 3000 Morgen Wald und 14 Zollstätten.

 

Die älteste Urkunde über Lindach dürfte wohl die vom 17. Juni 1293 sein, die den Besitz des früheren Benediktinerklosters Lorch in 36 Ortschaften, darunter auch Lindach, nachweist. Lange vor 1552 hatte das Kloster in Lindach drei Güter mit Pächtern, die in Leibeigenschaft standen. Abt Benedikt übte die Gerichtsbarkeit aus, hatte Fug- und Macht-Gebot, drei Höfe waren fällig, d. h. beim Tode des Pächters zog das Kloster das Gut ein und verlieh es neu. Am 10. März 1652 erwarb Melchior Eckhard gegen Erlegung von 20 G Kaufschilling die gesetzliche Erblichkeit des Gutes für seine Erben und Nachkommen. Das Eckhard'sche Gut ist über 300 Jahre dem alten Geschlecht erhalten geblieben. Die Bedingungen für die Kloster Lorchschen Güter in Lindach sind den Gmünder Heimatblättern zu entnehmen.

 

Der ursprünglich waibelhubige Teil von Lindach wurde 1570 an das Kloster Lorch verkauft. Zum Beweis der Leibeigenschaft gibt jeder Hintersasse jährlich auf Martini die sogenannte Leibhenne, die Mannspersonen aber reichen außerdem zum selben Zeitpunkt als Mannsteuer noch eine weitere Leibhenne.

 

Kloster Gotteszell - Das Kloster Gotteszell erwarb Güter und Gülten in den Jahren 1362, 1366, 1372, 1375, 1379 und so fort. Die Heiligenpflege in Lindach gehört dem Kloster Gotteszell. Die Heiligenpfleger 1 fl. - 3 Batzen, 2 Kr.

 

Franziskaner - Die Herren Grafen von Rechberg haben den Franziskanern zu Gmünd die Kaplanei Lindach geschenkt. Vom Jahre 1470 an übernahm das Franziskanerkloster in Gmünd die Pflicht, alle 14 Tage in der Kapelle die Messe zu lesen.

 

Hospital Gmünd - Zum Spital gültbar: Jerg Schüle Lindach fälliger Hof 2 fl. 11 Batzen 1 Kr. Haus, Scheuer, 1/2 Tagwerk Garten, 12 Tagwerk Wiesen und 3 1/2 Jauchert Acker usw. Der große Zehnt ist fällig zu 1/3 an Kameralamt Gmünd, 2/3 Hospitalpflege bestehend aus Winterund Sommerroggen, Winter- und Sommerdinkel, Winter- und Sommerweizen, Gersten in beiden Feldern, Einkom, Haber, Linsen, Wikken und Klee im geschlossenen Felde - das gleiche gilt für den kleinen Zehnten, nämlich Erdbirnen, Hanf, Flachs, Raps, Welschkom und Klee.

 

Predigerkloster - Dem Predigerkloster zinsbar sind 1 Fallgütlein, 1/4 Garten, 1 1/3 Tagwerk Wiesen, 3 1/4 Jauchert Äcker.

 

Barfüßerkloster - Gültbar sind Erbgut Hans Bullinger 1 Haus, 1 Hofraite, 12 Tagwerk Wiesen, 19 ½  Jauchert Acker.

 

 

Dazu Erläuterungen:

1 Tagwerk     = altes Flächenmaß - die von einem Ochsengespann an einem Tag umgepflügte Fläche

(je nach Region 25 bis 36 Ar).

1 Jauchert     = 1 ½  Morgen     = 47,27 Ar.

    1 Gulden   = 60 Kreuzer        = 15 Batzen (nach 1875 = 1,71 Mark )

    Pfund Heller             = 240 Heller           = 20 Schilling = 43 Kreuzer.

 

 

Begräbnisstätte Lindach

 

Bis etwa zum Jahre 1560 zählte Lindach wie Mutlangen als kirchliches Filial zu Iggingen. Die Toten wurden auf dem "Totenweg" nach Iggingen geführt. Mitte der Hälfte des 16. Jahrhunderts bildete sich die evangelische Muttergemeinde Täferrot. Von da an bis 1838 wurden die evangelischen Einwohner Lindachs in Täferrot beigesetzt.

 

Um 1800 war der Friedhof in Täferrot (um die Kirche) längst zu klein geworden, weshalb die Lindacher einen eigenen Friedhof anlegen wollten. Dazu fehlte zunächst das Geld, und Pfarrer sowie Mesner von Täferrot forderten wegen des Weges für die Beerdigungen in Lindach erhöhte Gebühren. Lindach findet sich hierzu zwar geneigt, aber die Forderungen Täferrots waren zu hoch. Diese Forderungen waren: der "Heilige" zu Täferrot beansprucht, wegen der abgehenden Opfer, eine Entschädigung, weil der Schulmeister von Täferrot jetzt und auch künftig entschädigt werden soll.

 

Der Lindacher Schulleiter Laichinger wird gefragt, welche Gebühr er fordere, wenn künftig die Beerdigung hier in Lindach geschehe? Er erklärte, dass er für eine Person über 14 Jahre 1 Gulden verlange, unter 14 Jahren 36 Kreuzer - für Singen und Kirche, und mache sonst keine weiteren Ansprüche. Sollte es aber noch üblich werden, dass von Seiten des Schulmeisters auf dem Kirchhof Grabreden gehalten werden sollen, so verlange er bei einer Person über 14 Jahre 30 Kreuzer, unter 14 Jahren 20 Kreuzer.

 

Das Pfarramt fordert an Reisekosten, um die Leichenpredigt hier zu halten 1 Gulden 12 Kreuzer. Der Gemeinderat beschloss, diese Forderungen anzunehmen, da sie sehr billig seien. Am 11. Oktober 1831 wird erneut beraten - Täferrot stellt immer noch dieselben Forderungen, solange sich Lindach nicht entschließt, einen Kirchhof anzulegen, da sonst alle Kosten auf Lindach, und nicht auf die ganze Pfarrgemeinde fallen. Endlich am 13. Juli 1835 wird vom Gemeinderat beschlossen, einen eigenen Kirchhof dahier anzulegen, und es sollten zugleich Anstalten getroffen werden wegen Erkaufung eines Platzes und soll dieses Jahr noch angefangen werden, dann aber wird noch ferner bemerkt, dass man ganz los von Täferrot werden will. Ab 23. August 1838 ist der Friedhof zur ersten Bestattung freigegeben.

 

 

Die Kirchenglocken

 

Anno 1863

 

1. Glocke gegossen von Carl Knittel, Cannstatt. Inschrift: Von Pfarrer Zenek, Schultheiß Bühner. Rückseite: Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Unterer Durchmesser der Glocke ein Meter, Ton "g", Gewicht 520 Kilogramm.

 

2. Glocke gegossen bei Knittel - Bronze - Inschrift: Gemeinde- und Stadtpfleger Krieg, Schulmeister Laichinger "Siehe ich verkündige Euch große Freude". Unterer Durchmesser 77 Zentimeter, Ton "h". –

 

3. Glocke anno 1903 gegossen bei Kiesel in Heilbronn. Inschrift: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit". Unterer Durchmesser 1, 14 Meter, Ton "f", Gewicht 865 Kilogramm.

 

 

Die drei Glocken bilden zusammen ein schönes, weithin vernehmbares Geläute. Die neue Glocke stimmt zu den beiden älteren vorzüglich und hat mit ihrem tiefen und doch hellen Klang dem Geläute erst die rechte Macht gegeben. Die beiden kleineren Glocken wurden bei dem Kirchenbau umgehängt.

 

Morgens, mittags und abends wird mit der großen Glocke geläutet, vormittags 11 Uhr und nachmittags drei bzw. vier Uhr mit der mittleren, zum Schul- und Taufläuten mit der kleinen, bei Gottesdiensten das "Erste" mit der großen, das "Andere" mit der mittleren, beim Vaterunser und bei der Beerdigung von Kindern mit der großen.

 

Im Ersten Weltkrieg 1914 -18 mussten bei der allgemeinen Beschlagnahme die beiden größeren aus den Jahren 1863 und 1903 abgeliefert werden, ebenfalls die Zinnpfeifen der Orgel. Der Erlös für die Glocken beträgt 5155 Mark, für die Pfeifen 849 Mark. Vom Glockengeld wurden 4000 Mark als Kriegsanleihe gezeichnet. Im Jahre 1921 stellt der Gemeinde- und Kirchenrat fest, dass wegen der unerschwinglichen Preise bei der schlechten Finanzlage keine Bronzeglocken beschafft werden können. Vielmehr wird an Klangstahlglocken gedacht. Die Firma Hörz, Ulm, hat zwei vorrätige Glocken, diese werden bestellt. Das neue Geläute wird im ganzen etwas heller klingen.

 

Finanzierung: Haussammlung 7462 Mark, Bürgerliche Gemeinde 2000 Mark, aus Etatmitteln 2000 Mark, aus Glockenfonds 5000 Mark, zusammengelegt 16462 Mark. Eine Schuldaufnahme ist wegen des günstigen Ausfalls der Glockensammlung nicht nötig.

 

Zum fünfzigjährigen Kirchenjubiläum soll ein Anfang zu einem neuen Bronzegeläute gemacht werden, da das Bronzegeläute schöner und klangvoller ist. Eine neue Glocke wird gegossen und die mittlere durch eine Bronzeglocke ersetzt. Die Kosten werden durch eine Haussammlung und durch Rücklagegelder des Rathauses für den Kindergarten gedeckt.

 

Die kleinste Glocke erhält die Inschrift Lukas 2, 14 Weihnachtsglocke und "zum fünfzigjährigen Kirchenjubiläum 1903 -1953 - Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen." Die mittlere soll die Osterglocke und die Gedächtnisglocke für unsere Gefallenen und Vermissten sein. Inschrift: Unseren lieben Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrieges 1914/18 und 1939/45 zum Gedächtnis - "Ich bin die Auferstehung und das Leben," Joh. 11, 25. Die dritte Glocke, die Pfingstglocke, soll später noch ergänzt werden.

 

Noch etwas zum Kirchturm: Er ist massiv gebaut, bis auf das oberste Stockwerk, das aus Eichenholzfachwerk besteht, um für die Glocken mehr Raum zu gewinnen. Der Turm ist 40 Meter hoch, 20 Meter entfallen auf Helm und Turmkreuz. Die Turmuhr ist 1903 von der Turmuhrfabrik Bauer in Ludwigsburg geliefert worden, hat einfachen Viertelstunden- und doppelten Stundenschlag.

 

 

Kirchenreparatur im Jahre 1950

 

Die Kugel unter dem Kreuz wurde 1950 von Friedrich Trinkle, Flaschnermeister Lindach, untergebracht: "Mit dem Herrn fang alles an, Mut wird dir dein Helfer senden, froh wirst du dein Werk vollenden, denn es war in Gott getan, mit dem Herrn fang alles an." Frau Lore Trinkle schrieb: "Der Herr unser Gott sei uns freundlich, er fördere das Werk unserer Hände bei uns, ja das Werk unserer Hände wolle er fördern." Angegeben wurden ferner die Kirchengemeinderäte und die Mesnerin. Das Wort des Pfarrers Emil Oskar Ladenberger: "Möge ein starker Glaubensmut die Gemeindeglieder beherrschen und zur wahren Nachfolge Christi aneifern, das Pauluswort aus dem Römerbrief 1.16 gehe ihnen nie verloren: Ich schäme mich des Evangeliums von Christo nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht, alle die daran glauben, Lindach 15. Oktober 1950."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

F. Anekdoten aus Lindach

 

Originale, Splitter und Vermischtes aus dem Dorf Lindach

 

Sinnige und lustige Sprüche, die der Lindacher Nachwelt erhalten bleiben sollten. Die Urheber sind genannt mit Hausname und Geburtsname.

Angefügt ist ein Wörterverzeichnis (Dictionärle) für solche, die den Lindacher Dialekt noch nicht ganz beherrschen.

 

Vorweg sei gesagt: Wenn in Lindach einer "Hodda" sagt, dann kann das bedeuten:

Hodda = getroffen, oder Hodda = gelungen oder vollbracht. Also alles unter "Hodda":

Windmüllers Hans (Johannes Walter). Im Gasthaus zum Lamm streitet man sich am Stammtisch, ob in diesem Jahr die Obsternte wohl gut ausfallen werde. Einer sagt: "'s isch niet viel los", der andere "em blüha noch isch net arg" dr' dritte: "do isch bald gmostet" darauf der Windmüllers Hans, u. a. auch Pomologe "oh Kerle, 's hot scho oft gar net blühat ond Äpfel grad gnuag geba".

 

Heinrich dei Häfele (Heinrich Schuhmacher). Schuhmachers Heinrich arbeitet in Gmünd und geht täglich zu Fuß über die Grünhalde ins Geschäft. Wie früher vielfach üblich, nimmt er "vorgekochtes" im Bitschle oder auch Häfele mit ins Geschäft, um es zu Mittag aufzuwärmen. Eines Tages vergisst er das Häfele. Seine Frau rennt ihm nach übers Goldschmiedswegle (Grünhalde) und ruft von oben wiederholt "Heinrich dei Häfele". Heinrich bereits unten an der Sandgrube, ruft zurück "ja breng mr's doch, wo hosch's denn?" Seine Frau kleinlaut: "D'rhoim uff'm Herd stohts".

 

Waggschorsch als Mesmer (Georg Kuhn). Der Mesmer muss täglich u. a. auch um 11 Uhr und 12 Uhr die Kirchenglocken läuten. Eines Tages hat der Mesmer das Elferläuten vergessen und sagt dann mittags zum Pfarrer "Oh Herr Pfarrer 's wurd doch niemand ghairt hann, dass e heut net Elfa gläutet han."

 

Vom Gaira Jörg (Georg Walter). Ein Gasthaus zum Lamm wird in den dreißiger Jahren unter den Gästen geklagt, weil es soviel Arbeitslose gäbe, sei jetzt der Wald wia ausbloßa, man könne an den sogenannten Holztagen kaum mehr loses Holz finden und müsse halt jetzt die dürre ummacha. Dr Gaira Jörg sait, er hätt em Sandgaira en Dürra ausgmacht, der gäb ganz schö aus. Ein Gast hört das, goht am andera Morga en äller Früh en Wald ond mecht den Boom om ond schreibt uff da Stompa mit Fettstift großmächtig: Jörg zu spät".

 

Felduntergänger mussten von der Gemeinde auf Abruf tageweise dem Geometer zur Verfügung gestellt werden. Sie wurden dafür von der Gemeindepflege entlohnt, mussten aber zum Geldempfang eine "Rechnung" schreiben. Einer hat geschrieben "Am Untergang der Gemeinde mitgeholfen 8,50 RM."

 

Ziegenbockhaltung. En Lendegg war friaher au a Ziegabockhaltung ein Farrastall agschlossa. D'r Volza-Jokel war d'r Wärter. Weil en Lendegg dia Goisa emmer weniger worra send, isch d' Ziegabockhaltung aufgeba worra. Dia noch verbliebenen Goisahalter send an dä Ziegabock en Durlanga verwiesa worra. Eines Tages kam eine alleinstehende Goisahalterin mit ihrer Gois au noch Durlanga, sie konnte trotz eifrigen Suchens, die Ziegenbockhaltung nicht finden und fragte schließlich einen Schulbub. "Du Buole, wo ka ma denn do a Gois bokka lassa?" Des Buole goht zur Gois - lupft's Schwänzle, deutet ond secht "doo".

 

Monza Hans und Linda-Wirt - beide Johannes Walter. Im Gasthaus zur Linde war auch die Poststelle untergebracht, natürlich mit Telefon. Monza Hans telefoniert ond zahlt die Gebühr später zusammen mit seiner Zeche. D'r Lendawirt verlangt 40 Pfennig Gebühr. Darauf d'r Monzahans "Halt amol Hans, hosch de do net verdoa. Letzte Woch han i von Gmend noch Lendeg telefoniert, des hot 60 Pfennig koscht, warum koscht's no von Lendegg nach Gmend bloß 40 Pfennig? - Ha woisch Hans do goht's bergei, des isch billiger.

 

Kommt d'r Monza Hans en'd Lenda on sait "Hans wia hot unser Herrgott am Kreuz gsait? Was wurd er denn gsait han "Mich dürstet".

 

Dr Monza Hans goht mit'm Obstbauverein nach Südtirol. Vor der Abfahrt fragt der Fahrer und Reiseleiter "Hot jeder sein Ausweis sonst kriaget mir Malör an der Grenz". Alle bejahen. An der Grenze ist tatsächlich Ausweiskontrolle ond siehe da d'r Monza Hans hot koin Ausweis (glatt vergessa). Was tun? Dr Hans muss en Grenzübertrittsschein um 3 Mark lösa ond muaß en au onderschreiba. Auf dem Grenzübertritschein steht "Gilt nur für 30 Tage". D'r Hans secht "den Schei nemme i net - i bleib doch koine 30 Tag dodieba."

 

D' Mala Marie als Wegweiser (Marie Bühner). D' Mala-Marie stoht vor ihrem Haus en d'r Schloßstroß - do kommt a Auto ond hält bei ihr, des Auto hot a Kölner Nummer ghett - also wahrscheinlich ein "Hochdeutscher". Dieser dreht die Scheibe runter ond fragt: "Wo ist denn hier der Textil-Grau?" Darauf d' Marie: "Do fahret se grad weiter, beim Soifa Jockel vorbei, beim Gruba Karl rechts und beim Hallers Karl links, no send se scho do"

 

D'r Schuahbrecht en d'r Kirch (Albrecht Wahl). D'r Schuahbrecht wohnt an d'r Stroß zwischa Pfarrhaus ond d'r Kirch on begegnet deshalb öfter dem Pfarrer, dieser sagt eines Tages zu ihm "Herr Wahl i han se au no net en d'r Kirch geseha!" Darauf der Albrecht Wahl: "Herr Pfarrer i Sia au net".

 

Bleichers Jokel Most (Jakob Bleicher). Früher war es vielfach üblich, dass die Schulbuben beim Bauern aushelfen mussten z. B. Acker fahren, Kühe hüten usw. Dr Bleichers Jokel war beim Scherra-Gottfried - d'r Baurahof vis a vis vom Schulhaus. Beim Scherrabauer konntet au d' Nochber ein Herbst mosta - so au d'r Lehrer Dettner. Des hot d' Jokel - es war sein Lehrer, gewusst. Früher hot ma noch em erste Mosta no 3 Dag eigschlaga ond no en Nochdruck g'macht so au d'r Lehrer Dettner. Des hot d'r Jokel au gwißt. Em a schöne Dag hot d'r Jokel vom Lehrer Hosariß kriagt, des hot'n nadierlich gwurmt, drom isch er in d'r Paus zom Scherrahof nieber - er hot ja g'wisst, dass sei Lehrer dort eigschlaga hot - ond hot dem Dettner en sei "Eigschlages" neipinkelt.

 

Vom "Kuckuck" (Karl Kolb). Karl Kolb - lebenslanger Junggeselle und deshalb viel en d'r Wirtschaft. Kuckuck kommt aus der Wirtschaft (Adler) zusammen mit einem Zechbruder, sie lassen beide in der Kirchgasse Wasser ab. Angesichts des Kirchturms sagt der Kuckuck: Wenn der Kirchturm 1 m kürzer wär - des dät koi Mensch merka - on d'rfier onser Bierflasch 1 m höher - des dät ons guat.

 

Em Adler sait d'r Schloßhans zom Kuckuck "Kerle du wärst reacht als Wasserspeier uff d' Johannkirch nauf. Darauf nimmt d'r Kuckuck a Maul voll Bier ond sait: Do hosch dein Wasserspeier - no besser isch a Bierspeier.

 

D' Käsbärmel. D' Käsbärmel eine Ledige vom Bruckacker stammend hat sich u. a. mit Kräutersammeln durchs Leben geschlagen. So hat sie im Schloßgarten an der Hecke Hagebutten gesammelt, da kommt der Schloßverwalter Ostertag dazu und stellt sie zur Rede, was sie denn im Schloßgut suche? Da sei der Zutritt verboten. Darauf die Käsbärmel: "Ich sammle Hagebutten, die u. a. auch gut seien fürs Wasserlassen". "Nix do", sagt Ostertag, "verlassen Sie sofort das Schloßgut". Die Käsbärmel geht weg, ruft aber beim Weggehen noch zurück: "Du Donder, wenn no nemme Bronza könntest."

 

Windmüllers Hans ob seiner Sprüche oft Ortsgespräch. In den dreißiger Jahren wird Max Schmeling Boxweltmeister, das steht natürlich in allen Zeitungen. Im "Lamm" wird der Hans darauf angesprochen. "Hans des wär doch ebbes für Di". Hans sagt: "Ha Kerle, des wär doch gelacht, wenn e den net onder da Disch nakriage dät."

 

Lendawirt und seine Gäste: Hat ein Gast noch nicht bezahlt und will schon gehen, sagt d'r Lendawirt: "Du wenn Dein Geldbeutel d'rhoim suachsch, bei mir hoschn net liega lassa".

 

Lindawirt hat einen Wortwechsel mit 'm Fuchsa-Xaver. Nach einigem Disput sagt d'r Xaver: "Hans sei fei vorsichtig, Du hosch bloß oi Wirtschaft i hau mehrere".

 

Ein Gast hat ein paar Bier aufschreiben lassen, weil er kein Geld dabei hatte. Einige Zeit mahnt ihn der Lindawirt "Du hosch au no a paar Glas Bier bei mir standa! Darauf der Schuldner: "Dia kasch wegschütta, dia send doch nemme gut."

 

Schmid's Hans am Stammtisch (Hans Kümmel). Sein Stammtischbruder, d'r Mezgers Karl führt wieder das große Wort. Der Schmid's Hans begehrt auf: "Kerle du mit deiner Maschinagwehrgosch sei doch ruhig, wa woisch denn due scho, nex woisch ond wenn ebbes woisch – no woisch von mir."

 

Stramme Feuerwehr und Kommandant Siegelen. Nach dem verlorenen Krieg waren militärische Kommandos, wo auch immer, verpönt. Die Feuerwehr musste dennoch ihre Übungen machen. Statt des Kommandos "Antreten" wie früher, sagte der Kommandant Siegelen: "Leut standet no, mit em Gsicht zom Rothaus."

 

Monza Hans und Wanna-Michel. Joh. Walter und Michael Lang. Beide sind schon seit einigen Jahren Witwer. Sagt d'r Monza Hans, wenn d'r Wanna Michel koi so dauber Denger wär, no kenntet m'r ja s'halbander a Weib nemma.

 

Lendawirt ond d'r Pfarrer. D'r Pfarrer Ladenberger kauft sich Hin und Wieder vor der Abfahrt des Busses einige Zigarren beim Lindawirt. Lindawirt secht zorn Pfarrer: "Herr Pfarrer mir hent boide da gleicha Wonsch" - ja welchen denn? "Am Sonndich a volls Haus".

 

Der Pfarrer und Höllfrieders Maria (Maria Wahl). Der Pfarrer Ladenberger sagt zu der an der Kirche wohnenden Nachbarin Maria Wahl: "Frau Wahl, i han se au scho länger nemme en d'r Kirch gseha. Darauf Maria: ja, Herr Pfarrer des isch wohr, aber wisset se, Sie predigat so laut, do ka i en meiner Küche jedes Wort versteha ond des isch so gschickt, do ko i dronterher mei Grombiera schäla".

 

Die Alt-Lammwirtin. Die Lammwirtin sitzt allabendlich am Ofen und beobachtet die Gäste, manchmal macht sie auch zwischendurch ein Nickerchen. Die Tochter (Lammwirts-Anna) bedient die Gäste - einmal sagt ein Gast: "Heut isch au gar net warm in deiner Wirtschaft." Darauf die Lammwirtin: "So wi ma trenkt so schiert ma au".

 

Ein andermal: Ein Gast will zahlen, er sagt zur Tochter Anna: "Drei Bier han i ghett". No ruft die Alt-Lammwirtin henta vor: "Noi vier hot'r ghett"!

 

Zuletzt noch ein Meinungsaustausch - nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwischen Karl Klozenbücher und Karl Grau die Hitler-Eiche betreffend. Die Hitler-Eiche wurde im Dritten Reich auf dem Friedhofsvorplatz gepflanzt ist jedoch nie richtig gediehen. Karl Grau hat nach dem Krieg Karl Klozenbücher - Nachbar am Friedhof - daraufhin angesprochen. Auf die Frage was war denn mit der Eiche los? erwiderte Karl Klozenbücher dem Karl Grau: "Du Dackel, wenn i Dir en Kupfernagel ens Hirn neihau, na daubelst du au".

 

Lendegger ond Gmender: D Leut sagets halt - aber s'isch net so baiß gmoint. Teils von den Altvorderen überliefert. Alter Spruch: Wer goht oft noch Gmend, der verdirbt mit Weib und Kind. Liaber drei Wenter wia oin Gmender - diesen Ausspruch tat ein Fahrer der Kraftpost als Welzheim und Gmünd zu einer Filiale zusammengelegt werden sollten auf den Hinweis, dass er es im Winter leichter habe.

 

Spezifische Lindacher Redensarten

 

So ka ma auch saga:

A Riahle goht über a Biahle.

Wa mi et brennt, des bloß i net,

Wenns amol gschtemmt isch, isch glei viel geigt.

Was et ein Holz isch geit koi Pfeif.

D' Sonn scheint et vor Dag.

Ma muaß en d'r Jugend d' Stecka schneida, daß m'r sich ein Alter dro heba ka.

D'r Bua hot g'sait: I muaßs' ganz Johr Angst han - em Sommer durnets ond ein Winter muaß i en'd Schual.

Vom a kloine Laib ka ma koine große Stück raschneida.

Z'ischt überall guat Brot essa, wenn ma ois hot.

Mit d'r Gabel isch a Ehr - mit'm Löffel kriagt ma mehr

Ma ka a Säckle au zubenda, wenns no net voll isch, na macht ma halt a Bürst na.

Mit "Danke schön" schmelzt ma koi Supp.

D' Schulda verfaulet net - ma beigt se oft gnuag rom.

Weib stand auf ond schaff - i bleib dr'weil liega ond sorg.

Sagt der Gastgeber: "Greifet no zua - was uff'm Tisch ist, ist scho verschmerzt'.

 

Die Leute sagen immer: die Zeiten werden schlimmer,

ich aber sage, nein die Zeiten bleiben immer,

die Leute werden schlimmer und so wird es auch sein.

 

 

Kinderreichtum

 

Das erste Kind, welch Glück und Ehr.

Das zweite freut die Eltern sehr

ein drittes heißt man froh willkommen

das vierte wird auch angenommen

das fünfte wird schon überzählig

beim sechsten seufzt und klagt man schmählich

das siebte ach, das ist fatal

ein armes achtes wird zur Qual

ein neuntes Herr, jetzt wirds zuviel,

ein zehntes Herr, nun setz ein Ziel

ein elftes noch, dass Gott erbann,

ein zwölftes, weh das macht uns arm.

Und dennoch, kaum nach Jahresfrist

das letzte Kind das liebste ist.

Nesthäkchen ist die Sonn im Haus

und sticht die andern alle aus.

 

Die Lindacher seien "Phäb". Phäb sein ist keine Untugend oder sonst was Böses. "Phäb" ist ein Lindacher Spezialausdruck und kann eigentlich nicht ordentlich übersetzt werden. Man kann dies nur an Hand von Beispielen erklärlich machen. Auch Auswärtige zeigten diese Eigenschaft. Hier ein Beispiel: Bei der Wahl zum Ortsvorsteher in den zwanziger Jahren haben von 494 Wahlberechtigten nur 265 abgestimmt. Gewählt wurde Verw. Praktikant Kühler beim Amtsgericht Stuttgart. Der Gewählte erschien am Abend in den Wirtschaften, die aus Anlaß der Wahl gut besucht waren, um für das ihm dargebrachte Vertrauen zu danken. Von Freibier ist keine Rede gewesen.

 

Also Phäb ist - knauserig, aber noch nicht geizig - also besonders sparsam - oder einfacher gesagt: Die Lindacher hebet ihr Sach zamma, sie halten auch nichts von besonderen Verhütungsmitteln, denn mit Verhütung hent se nex em Senn, dia esset Maultascha bis se koi Lust me hen, bloß nebenbei - es können auch Grombieraschnitz und Spatza sei.

 

Nicht phäb war der Schneider Ode - sondern arm und sparsam. Von ihm wird berichtet: Der in armen Verhältnissen lebende Schneider hatte eine Schar Kinder zu versorgen. Hin und wieder kaufte er eine Batzenwurst, machte diese warm, schnitt sie in der Mitte durch, strich den austretenden Saft den Kindern aufs Brot. Eine Hälfte der Wurst bekam sein Weib, die andere behielt er für sich.

 

 

 

 

 

Wetterkunde in Lindacher Art

 

Guckt d'r Gockel auf da Staufa - muaß ma woidle laufa

Kräht d'r Gockel auf'm Mist wird's Wetter anders oder es bleibt wias isch

Send d' Berg koig (leicht dunstig) bleibt's Wetter günstig

Send Berga hell und klar, bleibt d'r Rega et lang rar

Hört ma s' Gmender Zügle rattera ond pfeifa, kascht 's Wetter so schlecht nemme heifa.

 

 

 

 

 

 

             Das Lindacher Wörterbuch (Dictionärle)

 

               A

               anedoggla                 = etwas nett richten

               ällbott                   = alle Augenblicke

               ausbolla                  = Gartendreck entfernen

               Aier wianet               = eher ja als nein

               agrista                   = Gerüst anbringen

               aufamsla                  = eingehen

             

               B

               Bas la da                 = für nichts und wieder nichts

               bozgat                    = etwas angestellt

               Bähmull                   = Mimose

               blaadet                   = zum Teil entblättert

               Bauscht                   = rundes Kopfpolster

               Bäschtele                 = Bastler, Tüftler

               's bardet net             = es reicht nicht

               bäbbig                    = klebrig

               Bäbbe                     = Klebstoff

               Blairsack                 = weinendes Kind

               blegsa                    = schwer atmen

               brichten                  = jemand nicht mehr beruhigen können

               Boppel                    = Knäuel

             

               C D

               Därgel                    = kleines, nettes Kind

               daubla                    = etwas kränkeln

               däppet                    = unbeholfen

               Dootsch                   = ein verdrückter Mensch

               durmelich                 = schwindlig

               Dibbel                    = einfältiger Mensch

               duppelig                  = dumm, beinahe schwermütig

               dreesla                   = zögerlich, beinahe einschlafen

               Drauschdel                = etwas schlampige Frau

             

               E

               eizeisla                  = jemand locken

             

               F

               Fairdeg                   = letztes Jahr

               fürre                     = vorwärts

               Ferschel                  = Ferse

               fuggera                   = handeln

               Fiedla                    = Gesäß

               Figge                     = Vorteil z. B. beim Mühle spielen

             

               G

               gäbsch                    = verkehrt herum

               grauza                    = jammern

               gruaba                    = ausruhen

               gilfa                     = schrill schreien

               Gluschta                  = Gelüste

               Gleischba                 = kleiner Holzspan

               glempfig                  = gelenkig

               gäga                      = neigen

               gauxa                     = stöhnen

               eine Gaux                 = 1 Portion zwischen 3 Fingern

               Gompa                     = Tümpel

               Gluuf                     = Stecknadel

               Glufamichel               = Entenklemmer

               Gugomer                   = Gurke

               Gloob                     = ungehobelter Mensch

               Gocks                     = Hut

               Glöck                     = eine Schicht Heu auf dem Heuwagen

               Grombiera drätschele      = Art Reibekuchen

               Greaba                    = Korb

             

               H

               Hodda                     = getroffen gut gesagt

               hondsliederlich           = sterbenselend

               hentersche                = rückwärts

               hänsla                    = jemand ärgern

               heif                      = zurück

               hoddera                   = in die Hocke gehen

               äll Hondschiß             = sehr oft

               Hoilig                    = heimelig

               Hoirles                   = zur Unterhaltung beim Nachbarn

               Hurgel                    = Holzstück vom Baumstamm

               hommsa                    = nachlassender Schmerz

               Hobba                     = kleine Erhöhung auf der Haut

               Haulicht                  = ungefähr, über den Daumen

               Haipfel                   = Kopfkissen

               hänsla                    = jemand ärgern

               hoscha                    = schaukeln

               Hoschagaul                = Schaukelpferd

               Hurassel                  = quirliges, umtriebiges Weib

               Häble                     = Schneidwerkzeug

               Hoba                      = Hacker - auch Bägger zum Holz machen

               hurgla                    = abrollen

               Hauraborzel               = Purzelbaum

               Hau                       = Hacke

               Hoaraffa                  = Schlitten

               Huberlemäh                = Blüten des Haselstrauchs

               Hasagärtle                = Osternest

               Hoazig                    = Hochzeit

               Hubbel                    = Schwellung

               Husele                    = junges Kälbchen

               Hommele                   = kleines Stierchen

               Häpper                    = selbstgemachte Pfeife aus Weidenholz

               Hopfalocher               = Gerät zum Löcher machen z. B. Pfahllöcher

               Hongerleider              = geiziger Mensch

               Hornabsäger               = Knicker

             

               I J K

               Kutter                    = Abfall, Unrat

               Koopf                     = Behälter fürs Wetzsteinwasser

               krebsla                   = klettern

               Knarfel                   = kleiner Knochen - auch zu sparsame, oft geizige Frau

               Kopperer                  = Rülpser

               Klammhaken                = einer der das Geld zusammenhält, oft geizig

             

               L

               läpperig                  = wässerig, fad

               Lompagruscht              = meist Unbrauchbares

               luck                      = locker

               Leksfiedle                = jemand der keinen Mumm hat

               Latsche                   = ein Ungeschickter

               lommla                    = herumlungern

               lommelig                  = haltlos, welk

               loopf                     = z. B. feuchtes Bett

               läg                       = leicht abfallend oder ansteigend

               Laifl                     = Kufe am Schlitten.

             

               M

               mausla                    = krabbeln

               Meesig                    = Moos,

               moosig                    = Druckstelle am Apfel

             

               N

               Naotle                    = ein Eifriger

             

               O

               Oier herzla               = Spiel an Ostern mit Eiern

             

               P

               Pfuhhaas                  = Heckenscheißer

               Pelzmärde                 = Knecht Ruprecht

             

               Q R

               rätzen                    = reitzen, ärgern

               ruadla                    = umrühren

               reangla                   = regnen

               rangen                    = Heugras auf Reihen rechen

               ra                        = runter

               rösch                     = geröstet

               raubelig                  = rau, uneben

               Räller                    = Kater

               Riebele                   = Brotkante

               Reagamoll                 = Feuersalamander

               roifla                    = mit einem Einrad spielen - auch schnell laufen

             

               S

               Starahohl                 = Starenkasten

               Seages                    = Sense

               Sutterkrug                = Steinkrug mit Verschluss

               Spruier                   = Spreu

               Schligger                 = Entenmann

               sodele - jetzetle         = so jetzt (verniedlicht)

               Suppaschniedle            = kleine Brotscheibe

               Schöppele (Haar)          = kleiner Schopf

               schwanza                  = bummeln

               Schaicher                 = Rausch

               schäbs                    = schräg, schief

               Schparra                  = einen Spleen haben

               stracka - nastracka       = sich hinlegen

               Schuckeler                = Vagabund

               Schißhoga                 = Angsthase

               Suirle                    = Pickel

               Schöchle                  = Heuhäuflein

               Schelfa                   = z. B. Kartoffelschalen

               Schmurr                   = verschorfte Verletzung

               Strupfer                  = Pulswärmer

               Studderstängele           = lange Stange zur Obsternte

               schambera                 = jemand hinauswerfen

             

               T U V

               verworga                  = versticken

             

               W

               wargla                    = rumwälzen

               Werbel                    = Murmel

               Wochadippel               = Mumps

               wonderfitzig              = neugierig

               worba                     = frisch gemähtes Gras verstreuen

               Wurabriah                 = Most aus Fallobst (meist wurmig)

             

             

             

               XYZ

               Zäderle                   = Fäserchen

               Zelga                     = Ableger, Pflanzenaustrieb

 

 

 

 

 

 

 

Vermischtes und Splitter

 

Wie gegensätzlich oft die Interessenlagen sein können, sei an den beiden Beispielen aufgezeigt: Ritter Hans Diemar schickt am 18. Oktober 1543 an die Reichsstadt Gmünd einen Absagebrief (Fehdebrief), diesen ließ er bei dem unteren Tor in den Schlagbaum stecken.

 

Er lautet: Der Brief geheret allen jeden gmindischen Bauren und Unterthanen zu Wetzgau, großen und kleinen auch hangen Thönbach und Wustenriet sammd und sunderlich. Zu wissen und kunth sei gethan, allen und jeden gmindischen Bauren und Angehörigen zu Wetzgau, großen und klein auch hangen Thönbach und Wustenriede, allen fünf Flecken, dem nach ich Hans Diemar zu Lindach uff euer Herren, Bürgermeister und Rath zu Gmind gewaltigen, freventlichen und unbilligen Firnemen und Handlungen, zu Rettung und Schirmung mein, meiner Ehren, Leib, Leben und Gut, jenen und allen denen, so jenen zu versprochen stand, abgesagt und mich in eine offene Vehd begeben hab; dieweil denen ihr gmindischen Untthanen in solche Vehd auch begriffen, so leg ich als der gmindischen offner abgesagter Vheind auch gmindischen zu Wetzgau und den dreyen Thönbach und Wieserriedt samend und sunderlichen hiemit zu Prandschazung uff, nemlich einem jeden Soldner oder Taglenner fünff Gulde, einem jeden gemeinen Bauren 10 Gulden und einem jeden vermeglichen Bauren 15 Gulden, die selbigen wollen dannnächsten zusammenbringen, jedem gar niemand, so gmindisch ist, verschonen, dann allein arme Wiettwen und Waißen sonst in keinem Weg.

 

Gleicher Gestalt sollt ihr die Prandschazung auch auflegen und einpringen, die da sitzen zu Wezgau und zu dene dreyen Thönbach und Wustenriedt, und alsdann weider noch drey Menner mit dreyen rotten Gäulen veromen und er wollen, die dreyen Menner mit schwarzen Röcken bekleidet und mit rotthen Hüttle (Hütchen) uf irem Haupt bedeckt, deren jeder ein weis Stäblein in der Hand füren soll und die selbigen drey mit allein berüttem Prandschatzgeld uff Dinstag nach der heiligen Drivaligkeit abfertigen, die sollen dann selbigen Dinstag zu nachte mit dem Geld zu Gschwindt sein und von dannen uff ober rott (Oberrot) und scharpen Mille (Scherbenmühle) usw. usw. über Nacht zu sein, alda beschaidt zu empfahen solch Gelt weiters zu führen, und so solchs von euch Öberzelter Massen (oben erzählter Maßgabe nach) geschieht und mir und meines Helfers Helfern das Gelt überantwurt so will ich euch dieser Vehd halber uff ein Jahr quittieren, und an euer Gutt des Brands halben sicherung zusagen und zu leisten, doch so wahr, daß ihr gegen mir und mein Helfers Helfer nicht arges handelt noch firnemmet in keinerlei Weiss und Weg oder schaffen zu geschehen und darneben mit auch alle diejenigen uffgezeichnet mitbringen, die solche uffgelegte Prandschatzung geben haben oder nitt, wo aber solch Prandschatzheit nitt wie gemeldet geliefert, oder aber ihr gegen mir und meiner Helfer und Helferhelfer nitt friedlich halten wurden, als wie denn oben gemelt ist, alsdann werde ich gegen Euch als meinen Feinden auch gegen euren Leib, Leben Hab und Gutt mit der Tat handeln und Niemands verschonen. Darnach wißt euch zu richten.

Samstag nach Exaudi Anno 1544. Hans Diemar.

 

 

 

Grußadresse des Bürgermeisters Benedikt Storr

 

in Gmünd aus Anlass der Erhebung des Herzogtums zum Kurfürstentum. "Dem durchlauchtigsten Churfürsten und Herrn, Herrn Friedrich 11. Herzog von Württemberg, des heiligen römischen Reiches erzpanner und Churfürsten, Herzog von Teck, Fürsten von Ellwangen und Zwiefalten, Grafen und Herrn zu Limpurg, Gaildorf, Sontheim und Schmiedelfeld und Obersontheim, Herrn zu Heidenheim und Justingen, Herrn zu Rottweil, Heilbronn, Hall und Adelmannsfelden PP zu eigenen Händen.

 

Meinem gnädigsten Churfürsten und Herrn Schwäbisch Gmünd 21. Juli 1803. Bürgermeister Benedikt Storr, allda empfiehlt sich zu Churfürst-Höchsten Hulden und Gnaden in tiefster Unterwürfigkeit und der submissesten Bitte, den Ausdruck meiner Treudevotesten Empfindungen als die Erstling seiner Huldigung gnädigst auf zunehmen. In dem ich mich unterfange, Euer Churfürstlichen Durchlaucht als unserem nunmehrigen Landesherrn, bei der höchsten Anwesenheit allhier, die gegenwärtige, unterthänigste Zuschrift zu Füßen zu legen, so geschieht es in der alleinigen Absicht, Höchstdenselben meine ungeheuchelt, tiefste Unterwürfigkeit zu bezeugen, um meine Wünsche für das ununterbrochene höchste Wohl Euer Churfürstlichen Durchlaucht, und dero ganzen Höchsten Churhauses und den Wünschen aller gutgesinnten Neuwürttembergischen Unterthanen zu vereinigen.

 

Überzeugt, dass unter der weisen und milden Regierung Euer Churfürstlichen Durchlaucht auch der Wohlstand hiesiger Stadt und deren Einwohnerschaft aufs neu wieder aufleben wird, füge ich noch die untertänigste Bitte bei: Dass höchstdieselbe Ihre über alle Unterthanen mit gleicher Huld wachende landesväterliche Fürsorge, zumalen in mildester Beherzigung meiner Gebrechen und des mir vor einigen Jahren betroffenen Brandunglücks auch mir anzugedeihen zu lassen geruhen mögen und ich werde mich glücklich schätzen und es mir zur heiligen Pflicht machen, mein ganzes Leben und Kräfte dem höchsten Dienste Euer Churfürstlichen Durchlaucht und derjenigen tiefsten Devotion zu widmen, womit ich unabfällig verharre Euer Churfürstlichen Durchlaucht unterthänigst verpflichtet gehorsamer

 

Bürgermeister Benedikt Storr.

 

So jetzt reichts.

 

 

G. Lindach - von draußen gesehen oder wie sehen Ortsfremde Lindach und die Lindacher

 

Lindach - landschaftlich schön gelegen, 461 Meter ü. d. M. mit freiem Blick auf die Alb und vor allem auf die Kaiserberge. Freundliches Dorf mit schmucken Häusern, auf der Lias-Hochfläche gelegen, die im Norden vom Leintal, in Südwest und Südost vom Schießtal und dessen Seitental, dem Pfaffenbachtal, begrenzt ist. Rings um das Dorf zieht sich ein Gürtel von Obstbäumen. Schon von weitem verrät die Nadel spitze des Kirchturms das dazugehörige Dorf. Beherrschend am Steilrand des Pfaffenbachtales Schloss Lindach.

- SWZ -

 

Eines der schmucksten Dörfer unsrer Umgebung ist das am Rande des Welzheimer Waldes gelegene Lindach. Seine Bewohner sind teils Bauern, teils verdienen sie in der Gmünder Industrie ihr täglich Brot. Von der Südseite des Dorfes genießt man eine herrliche Aussicht auf die Vorberge der Schwäbischen Alb, der trunkene Blick streift über blühende Felder, grünende Obstbäume, bleibt an den dunklen Wäldern des Schießtales hängen und verliert sich in den hervorragenden Kuppen der Albberge. Rings um das etwa 800 Einwohner zählende Dorf erstreckt sich ein Gürtel von Obstbäumen, daran schließen sich in bunter Reihe Äcker und Wiesen an. Der Goldschmied, der tagsüber an der Werkbank sitzt, geht abends mit Hacke und Schaufel in seinen Garten oder auf sein kleines Gut, an dem er mit großer Liebe hängt.

- Remstal Post -

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anhang und Sponsoren

 

Dieses Büchlein ist auch durch Unterstützung der Lindacher Geschäftswelt möglich geworden.

Den Lindacher Betrieben aus Industrie, Handel, Gewerbe, Versicherungen und Banken –

auch Ortsvorsteher und Ortschaftsrat - ist zu danken.

Alle werden für das Wohlergehen der Lindacher Sorge tragen.

 

Allianz-Eisele Bei Schaden immer schnell zur Stell, nur nicht verzagen - Uwe fragen.

 

Antonios's Autoservice - Fit in allen Autofragen - es gibt nie etwas zu klagen.

 

Bären-Apotheke Apotheke führt "bärenstarke" Arzneien für die Gesundheit der Lindacher

 

Metzgerei Baumann Besonders zu empfehlen die gute "Bärenpfanne" und andere Spezialitäten

 

Hans Bittner Einarbeitungteam Weltweit immer zur Stelle zur Einarbeitung auf alle Fälle

 

Bäckerei Bläse Hier wird direkt an der Hans-Diemar-Straße das schmackhafte "Ritterbrot" gebacken

 

Maler Bläse War der Maler im Haus - sieht's gleich freundlicher aus

 

Mode-Bühner Neuester Modestand - immer gefragt bei den Lindacher Frauen

 

Funk Baugeschäft Nicht nur für Arbeiter und Bauern - er kann für alle sanieren und mauern

 

Funk-Elektro Hantiert immer souverän mit Strom - ob von Kohle oder Atom

 

Füller-Heizung Zuständig für alle Störungen - hilft schnell und gern

 

Grau-Werkzeugbau Grau-Qualität überzeugt weltweit. Eine "echte Lindacher Gründung“

 

H + H Hofer fit in allen Dingen - macht High Tec oder auch auf schwäbisch "Hai Täk".

 

Kastner's Fundgrube Nahezu alles ist zu finden unter Lindachs Linden

 

Kolb Bus Lindacher reisen gern auch in die Fern. Hier ist man richtig - und die Fahrer sind tüchtig

 

Kreissparkasse Ostalb Filiale Lindach Findet bei den Lindachern gutes Umfeld -weil diese sehr sparsam mit Geld

 

 

Mössner-Tore Baut ein und sichert auch Garagentore, Haustüren in Spitzenqualität

 

Ristorante Pinocchio Aus südlichem Land zu erträglichen Preisen kommen Trank und Speisen. Buono sagt der Tedesco.

 

Rieg Holzbau Holz pur - riecht nach Natur - sehr zu empfehlen

 

Riek Landmetzgerei Ware immer frisch - direkt von schwäbischen Erzeugern - ob lose oder in der Dose

 

Gerhard Schechinger Kunst in Glas aus einer Hand - weit bekannt im ganzen Land

 

Maler Schwemle Mit der Arbeitsbühne hoch hinaus - aber auch fix in und um das Haus

 

Schreinerei Stegmaier So wie dieser Lindacher Schreiner kann's keiner

 

Sutera Stukkateur Bietet Schallschutz, saniert auch Älteres dazu Vollwärmeschutz für Kälteres

 

TRW-Repa "Klick" erst gurten, dann spurten zack, zack - auch mit Airbag - zu deutsch "Luftsack".

 

Gärtnerei Thuma Unter der Linde Dach mächtig gedeihen Blumen und Pflanzen prächtig

 

Wänger Tankstelle Benzin sparen, ja - aber bitte nicht bei Wänger

 

Weiss-Ausbausysteme Systeme europaweit vertreten, kann in allen Dingen moderne Technik voranbringen

 

Widmann und Müller Wünscht keinen Unfall - ist aber doch bereit